Schlüsselrede beim Republikaner-Konvent Mitt Romneys Trumpf heißt Ann

Tampa · Noch immer werden die Republikaner mit ihrem Kandidaten Mitt Romney einfach nicht warm. Auf dem Parteitag in Tampa stellt die Regie daher gezielt seine Ehefrau Ann ans Rednerpult. Die Frau soll die Herzen der Konservativen wärmen. Ann Romney hat das Zeug, zum entscheidenen Faktor im Wahlkampf zu werden.

Ann Romney - Geheimwaffe im US-Wahlkampf
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Ann Romney - Geheimwaffe im US-Wahlkampf

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Sie wirkt natürlich und ungezwungen, wenn sie auf die Bühne tritt und frei drauflos plaudert: Ann Romney, Ehefrau des republikanischen Kandidaten für das Weiße Haus. Ihr Einsatz im US-Wahlkampf freut vor allem die PR-Berater ihres oft hölzern wirkenden Ehemanns.

Es sind Momente der Erlösung, jedenfalls für den Tross des Kandidaten. Tritt Ann Romney auf einer Bühne ans Mikrofon, dürften Mitt Romneys Publicity-Berater erleichtert aufatmen. Frei von der Leber weg plaudert sie drauflos, ohne Manuskript und Teleprompter und ohne ständig ins Fettnäpfchen zu treten.

Sie erzählt Geschichten aus dem wahren Leben

Was für ein Kontrast! Hier der hölzerne, irgendwie weltfremde Spitzenmann, der sich bei Wählern im Autostaat Michigan mit der Bemerkung einzuschmeicheln versuchte, dass ja auch seine Gattin "ein paar Cadillacs" besitze. Beim Small Talk benutzt Romney gern Wörter wie "jeez" und "golly" (frei übersetzt: "Du meine Güte!" und "Donnerwetter!"), Vokabeln, die eher zum Sprachgebrauch der biederen 50er Jahre passen.

Seine Frau dagegen erzählt Geschichten aus dem wahren Leben, dem durchaus turbulenten Leben einer Großmutter mit 18 Enkelkindern. Dabei wirkt sie so natürlich und ungezwungen, als sei das Scheinwerferlicht schon immer ihr Metier gewesen.

Beide stammen aus wohlhabenden Familien

Ann Davies war 15, als Mitt Romney, knapp drei Jahre älter, ihr den Hof machte. Die Romanze begann auf einer Party in Bloomfield Hills, einem gepflegten Vorort der damals noch florierenden Autometropole Detroit. Beide stammten aus betuchten, zugleich politisch aktiven Familien. Anns Vater Edward, der als Hersteller von Bootszubehör ein Vermögen gescheffelt hatte, war Bürgermeister von Bloomfield Hills.

Mitts Vater George saß im Gouverneurssessel von Michigan, nachdem er ein Automobilunternehmen gemanagt hatte. Eine Liaison also zwischen zweien, die mit dem Silberlöffel im Mund zur Welt gekommen waren, wie Angelsachsen es gern plastisch beschreiben. Nur dass Ann, wenn man etwas weiter zurückgeht, einer Familie walisischer Bergarbeiter entstammte. Ihr Vater war im Teenageralter nach Amerika ausgewandert, um der Armut der engen, tristen Kohletäler zu entfliehen.

Engagiert war sie schon immer

Geheiratet hat sie, da war sie gerade mal 19. Vor allem Mitt schien es eilig gehabt zu haben, offenbar aus Angst, er könnte sie an einen anderen verlieren. Als er in Frankreich zwei Jahre lang missionarisch für den mormonischen Glauben warb und sie an der Brigham Young University in Utah studierte, hatte sich ein Nebenbuhler, ein gewisser Kim Cameron, erfolgreich um die Gunst der eleganten Blondine bemüht. Um sie zurückzuerobern, schreiben die Romney-Biografen Michael Kranish und Scott Helman, zog Mitt eilends ins ferne Utah, die Hochburg der Mormonen, bevor er im Ostküstenmilieu Harvards Jura und Business studierte — mit Ann als Ehefrau.

Streng genommen war sie es, die als Erste der beiden für ein öffentliches Amt kandidierte. 1977 in Belmont, einer golfwiesengrünen Satellitenstadt am Rande von Boston. Es ging um einen Sitz in der Gemeindeversammlung, und das große Thema war, ob die Feuerwache verlegt werden sollte. Ann Romney, berichten Zeitzeugen, habe schon damals ihr Talent aufblitzen lassen, eine selbstverständliche Leichtigkeit im Umgang mit Menschen. Doch während er Karriere machte, bei der Private-Equity-Firma Bain Capital, als Gouverneur von Massachusetts, schließlich als Präsidentschaftsbewerber, blieb sie zu Haus, um sich um die fünf Söhne zu kümmern.

Die Anti-Hillary

Die Feministinnen, die rebellischen 60er und 70er Jahre: Die junge Ehe der Romneys erschien manchem, zumal im liberalen Boston, als zutiefst altmodische Abkehr vom Zeitgeist. Den hat später im Weißen Haus am ehesten Hillary Clinton repräsentiert, eine First Lady, die politisch mitentscheiden wollte. Ihre vorangegangene Laufbahn als Anwältin hatte sie einmal mit den Worten begründet: "Sollte ich etwa den ganzen Tag Cookies backen?" (worauf ihr verärgerte Hausfrauen päckchenweise Gebäck schickten). Wenn man so will, ist Ann Romney das Gegenmodell zu Hillary Clinton.

Sie habe sich oft abfällige Bemerkungen über ihr Daheimbleiben anhören müssen, erzählte sie neulich in einem Fernsehinterview, und die Bitterkeit in ihrer Stimme war nicht zu überhören. "Ich war intelligent genug, um so ziemlich jeden Job dieser Welt machen zu können. Ich habe mich anders entschieden. Das sollte man einfach respektieren."

Sie reitet für ihr Leben gerne

Im Herbst 1998, da war sie 49, änderte eine tückische Krankheit ihr Leben. Erst hatte sich ihr rechtes Bein taub angefühlt, dann konnte sie nur noch schwer schlucken und die Balance halten. Ein Arzt diagnostizierte Multiple Sklerose. Hilfe und Therapie fand die Millionärsgattin beim Dressurreiten, angeleitet von Jan Ebeling, einem in Kalifornien lebenden Deutschen. "Wenn ich reite, singt meine Seele", sagt sie.

Seit sechs Jahren ist Ann Romney Mitbesitzerin eines olympiareifen Oldenburger Dressurpferds, dessen Wert auf eine halbe Million Dollar geschätzt wird. Aber die Stute Rafalca ist auch ein schöner Ausgabeposten in der Steuerrechnung der Romneys. Allein 2010 machte das Paar für den Unterhalt Rafalcas Verluste in Höhe von 77 731 Dollar geltend, abziehbar von den Einnahmen.

Da ist es wieder, das Bild von den reichen Leuten, die sich arm rechnen und dabei jeden Trick anwenden. Auf Romney prasselt sowieso harsche Kritik ein, weil er nur die Steuererklärungen der letzten zwei Jahre publik machen will, während sein Vater George noch die Einkommensverhältnisse für zwölf Jahre offengelegt hatte, als er sich 1968 ums Oval Office bewarb.

Ann, scheint es, hat in dieser Sache ein Machtwort gesprochen. "Wir sind so transparent, wie es rechtlich von uns verlangt wird", sagte sie im August in einer NBC-Fernsehsendung. "Würden wir mehr freigeben, würde man uns nur umso härter attackieren."

(fh)
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