US-Wahlkampf FBI wusste seit Wochen von neuen Clinton-Mails

Neue E-Mails sollen Aufschluss über Hillary Clintons Umgang mit ihrem Privatserver während ihrer Zeit als Außenministerin geben können. Nun heißt es, die FBI-Ermittler sollen schon seit Wochen davon gewusst haben.

 Hillary Clinton holt die Email-Affäre ein.

Hillary Clinton holt die Email-Affäre ein.

Foto: ap, AH

In der neu hochgekochten E-Mail-Affäre um die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton regt sich verstärkt Kritik an der Rolle des FBI. Am Sonntag sagte ein Vertreter der US-Bundespolizei, Ermittler hätten bereits seit Wochen von neuen E-Mails gewusst, die für die Untersuchung von Clintons Umgang mit ihrem Privatserver als Außenministerin relevant sein könnten.

FBI-Direktor James Comey war nach eigenen Angaben aber erst am Donnerstag davon in Kenntnis gesetzt worden und hatte tags darauf den Kongress über die neuen Überprüfungen informiert — knapp zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl. Das Timing stieß Demokraten und einigen Republikanern sauer auf. Der ranghohe Demokrat Harry Reid warf ihm gar einen möglichen Gesetzesbruch und Doppelmoral vor.

Clintons Handhabung ihrer Dienstkorrespondenz in ihrer Zeit im State Department überschattet ihren Präsidentschaftswahlkampf schon seit 2015. Dabei ging es um die Frage, ob als Chefdiplomatin durch Nutzung eines Privatservers in ihrem New Yorker Haus unsachgemäß mit geheimem Material umging und damit die nationale Sicherheit gefährdete. Im Juli schloss FBI-Chef Comey den Fall aber ohne Anklage ab: Clinton sei zwar sorglos mit als vertraulich eingestuften Daten umgegangen, jedoch nicht kriminell gehandelt.

Sex-Nachrichten an eine 15-Jährige

Nach Recherchen der Nachrichtenagentur AP wurden sie auf dem Computer des früheren demokratischen Kongressabgeordneten Anthony Weiner gefunden, als das FBI gegen ihn wegen Sex-Nachrichten an eine 15-Jährige ermittelte. Weiner ist der Ehemann von Clintons rechter Hand Huma Abedin, die sich aber nach einer Reihe von Sex-Skandalen in diesem Jahr von ihm getrennt hatte.

FBI-Ermittler stießen aber bei Nachforschungen zu einem Sex-Skandal um den Ex-Abgeordneten Anthony Weiner, dem Noch-Ehemann von Clintons Vertrauter Huma Abedin, auf neue E-Mails, die nun auf eine mögliche Verbindung zum Fall Clinton untersucht werden. Im Fokus steht dabei erneut die Frage, ob die Nachrichten geheimes Material enthielten und womöglich unsachgemäß verwaltet wurden.

Für den Beginn einer Überprüfung der Mails benötigt das FBI einen weiteren Durchsuchungsbefehl, den die Behörde am Sonntag erwirkt habe, meldete ein FBI-Mitarbeiter. Wie lange die Untersuchung dauern würde, sagte er indes nicht. Das FBI werde zügig vorgehen, sagte er lediglich.

Kritik an Comeys Entscheidung

Das Timing im Umgang mit dem Fall sorgte jedoch für Unmut, der sich vor allem gegen Comey richtete. Harry Reid, Minderheitsführer im Senat, sah einen möglichen Verstoß des FBI-Direktors gegen den "Hatch Act", ein Gesetz, das politische Aktivitäten von Beamten von Bundesbehörden wie dem FBI verbietet.

Das FBI habe "explosive Informationen" über enge Verbindungen zwischen Clintons republikanischen Kontrahenten Donald Trump und Russlands Regierung, schrieb Reid am Sonntag in einem Brief an Comey weiter. Doch kaum habe der FBI-Chef von der "kleinsten Andeutung" über Clinton erfahren, habe er sich "beeilt, dies im möglichst schlechtesten Licht publik zu machen."

Auch über ein Dutzend ehemalige Bundesstaatsanwälte und andere Juristen, darunter Ex-Justizminister Eric Holder, unterzeichneten einen Brief, in dem sie Comeys Entscheidung kritisierten.

Trotz des Wahlkampf-Wirbels auf den letzten Metern gab sich Hillary Clinton indes kampfeslustig. Sie werde sich in den letzten Tagen vor dem Urnengang nicht "vom Kurs abbringen" lassen, erklärte die demokratische Präsidentschaftskandidatin am Sonntag bei einem Wahlkampfauftritt mit homosexuellen Anhängern in Florida.

Ihr Rivale Donald Trump gab sich auf einer Wahlkampfveranstaltung in Las Vegas hingegen spöttisch. "Wir hätten nie gedacht, dass wir Anthony Weiner einmal danken würden."

(ap)
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