Nach dem Amoklauf USA diskutiert über strengere Waffengesetze

Washington · Der Amoklauf eines jungen Mannes entfacht in den USA die Debatte um ein strengeres Wafengesetz neu: Nur wenige Stunden nach dem Blutbad an der Grundschule in Newtown, Connecticut, haben sich in der Nacht zum Samstag rund hundert Demonstranten vor dem Weißen Haus in Washington versammelt. Sie verlangten ein strengeres Waffenrecht.

Viele Tote bei Schießerei in US-Grundschule
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Angehörige der Opfer eines anderen Amoklaufs, bei dem im Juli in einem Kino in Colorado zwölf Menschen getötet wurden, meldeten sich noch am Freitag zu Wort. Es gebe keinen Grund, warum es in den USA einen ungehinderten Zugang zu Waffen geben müsse, wie sie jetzt auch wieder im Besitz des Amokläufers waren, erklärte Tom Teves, dessen Sohn Alex am 20. Juli in Aurora getötet wurde. "Wir können nicht zulassen, dass es so weitergeht", sagte Demonstrantin Linda Finkel-Talvadkar. Seit dem Amoklauf in einem Kino in Colorado protestiert sie jeden Montag vor dem Amtssitz des US-Präsidenten.

Eine Verschärfung des Waffenrechts war bislang jedoch kaum zu erwarten. "Es geschehen furchtbare Dinge. Wir versammeln uns, singen Lieder, zünden Kerzen an. Dann gehen alle wieder nach Hause", sagt die Vorschullehrerin Barbara Elsas. "Das ist nicht die Antwort".

Der Amoklauf in Connecticut werde die Debatte anstoßen, sagte der Pressesprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, am Freitag. "Aber ich glaube nicht dass heute der Tag dafür ist." Die Demonstranten vor dem Weißen Haus wollen aber nicht mehr warten: Viele hielten Schilder mit der Aufschrift "Heute ist der Tag."

US-Präsident Barack Obama war in dieser Frage direkt nach der Tat noch relativ zurückhaltend. Das Land müsse etwas Bedeutsames tun, um eine solche Tat in Zukunft zu verhindern, erklärte er nur. Der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg, der als Befürworter schärferer Gesetze bekannt ist, mahnte eindringlich, jetzt dürfe nicht wieder nur geredet werden, jetzt müsse sofort gehandelt werden.

Das Recht auf Besitz und Tragen einer Waffe wird grundsätzlich vom zweiten Verfassungszusatz (Second Amendment) geregelt. Lange Zeit war umstritten, ob er sich auf ein Recht des Bürgers oder auf die Bildung von Milizen und Bürgerwehren bezieht, aus denen inzwischen die Nationalgarden der Bundesstaaten hervorgegangen sind.

Das Oberste Gericht entschied ab 2008 in mehreren Urteilen, dass der Artikel sich auf ein grundsätzliches Recht des Bürgers bezieht. Um deutlich strengere Waffengesetze einzuführen, müsste der Supreme Court in einem neuen Urteil seine Meinung ändern oder der Kongress die Verfassung ändern. Eine Mehrheit dafür ist nicht absehbar. Der Präsident hat kaum eine Handhabe.

Die öffentliche Meinung ist geteilt. In einer Umfrage des Pew-Institutes im Juli 2012 - nach dem Massaker in einem Kino in Colorado - verlangten 47 Prozent strengere Gesetze, während 46 Prozent sich für das Recht auf dem Besitz einer Schusswaffe aussprachen. Amerikanische Politiker neigen inzwischen dazu, das Thema zu vermeiden. Im Wahlkampf spielte es keine Rolle.

Gleichzeitig gibt es Hinweise auf eine Polarisierung der Gesellschaft. Das Statistikblog Fivethirtyeight der "New York Times" berichtet, dass in den Medien vergleichsweise neutrale Begriffe wie "gun control" zunehmend durch "gun violence" - Schusswaffengewalt - und "gun rights" - Recht auf eine Schusswaffe - verdrängt werden.

Bei der Debatte fließen Faktoren ein, die bei vergleichbaren Diskussionen in Europa kaum eine Rolle spielen. Einige US-Feministinnen propagieren Schusswaffen als eine Möglichkeit für Frauen, bei der Selbstverteidigung die körperliche Überlegenheit von Männern auszugleichen. Die Waffenlobby NRA gibt die Zahl von Amerikanerinnen mit einer Schusswaffe zwischen 15 und 20 Millionen an. Das wären etwa zehn Prozent der Frauen.

(dpa/reu)
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