Kampf gegen Terrormiliz USA gehen erstmals nahe Bagdad gegen IS vor

Bagdad · Die USA haben mit der Ausweitung ihrer Offensive gegen die Terrormiliz Islamischer Staat begonnen. Erstmals wurde am Montag im Südwesten der Hauptstadt Bagdad ein Luftangriff auf eine Stellung der Extremistengruppe geflogen, wie das US-Zentralkommando mitteilte.

So entstand der Name der Terrormiliz Islamischer Staat (IS)
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Foto: ap

Am Vortag gab es zudem eine solche Attacke in der Nähe der Region Sindschar im Norden des Landes, wo IS-Fahrzeuge sowie eine Stellung der Extremistengruppe zerstört wurden. Mit der Militäraktion seien die USA örtlichen Sicherheitskräften am Boden zu Hilfe gekommen, die unter Beschuss der Extremisten geraten und daher Unterstützung angefordert hätten, hieß es.

Auf die Hilfe ausländischer Bodentruppen muss der Irak im Kampf gegen die IS-Miliz jedoch warten. Eine Konferenz zur Unterstützung der Regierung in Bagdad verabschiedete in Paris zwar eine Erklärung, nach der die mehr als 24 Teilnehmerstaaten helfen wollen, die Extremisten mit "allen notwendigen Mitteln, inklusive militärischer Unterstützung" zu bekämpfen. Doch das Treffen vom Montag endete ohne konkrete Zusagen. Offen blieb auch, wie die militanten Islamisten im benachbarten Syrien bekämpft werden sollen.

USA schließt Kooperation mit syrischem Regime aus

Da US-Präsident Barack Obama den Einsatz amerikanischer Bodentruppen ausgeschlossen hat, sucht er Verbündete, die die IS-Kämpfer am Boden angreifen sollen. Bisher gibt es auf militärischem Gebiet jedoch nur Zusagen für Luftangriffe. Am Montag machte Frankreich mit Aufklärungsflügen den Anfang.

An der Pariser Konferenz nahmen unter anderem die EU, die Vereinten Nationen, die Arabische Liga und die USA teil. Iraks wichtigste Nachbarstaaten — Syrien und der Iran — blieben in Paris außen vor.

Eine Kooperation mit der syrischen Regierung schloss US-Außenminister John Kerry aus, sagte aber, es gebe Kontaktmöglichkeiten, um Fehler bei Angriffen gegen den IS in Syrien zu vermeiden. In Washington brachten ranghohe Beamte aber auch US-Vergeltungsschläge gegen die Luftabwehrsysteme von Präsident Baschar al-Assad ins Spiel, sollten dessen Truppen amerikanische Kampfjets attackieren.

Debatte um Teilnahme des Iran

Vor der Konferenz hatten sich Frankreich und die USA in der Frage entzweit, ob der Iran an der Konferenz teilnehmen soll. Paris war dafür, Washington dagegen. Zugleich betonte Kerry, die USA wollten die Tür für eine Zusammenarbeit mit Teheran gegen einen gemeinsamen Feind zwar nicht zuschlagen, doch werde es keine koordinierten militärischen Aktionen geben. Das bedeute aber nicht, dass sich Washington gegen Gespräche mit den Iranern sperre, um Wege zu prüfen, ob und unter welchen Umständen sie mit an Bord kommen könnten, sagte der US-Chefdiplomat später vor Reportern.

Der Iran erklärte, er habe eine vertrauliche Bitte der USA um Zusammenarbeit gegen die sunnitische Terrormiliz abgelehnt. Der oberste geistliche Führer Ajatollah Ali Chamenei sagte im Staatsfernsehen, die USA verfolgten "unsaubere Absichten". Jedes Eingreifen Washingtons werde die gleichen Probleme nach sich ziehen, die der Irak schon in den vergangenen zehn Jahren gehabt habe.

Frankreich und der Irak betrachten den schiitisch geprägten Iran als Gesprächspartner, der im Kampf gegen die sunnitischen IS-Extremisten in der Region seinen Einfluss geltend machen könnte. Auch Russland drang auf eine Einbindung Syriens und des Irans. Diese seien "natürliche Verbündete", sagte Außenminister Sergej Lawrow. Einige arabische Länder, darunter Saudi-Arabien, sind anderer Meinung.

Seit Anfang August mehr als 100 Luftangriffe

IS-Kämpfer beherrschen weite Gebiete im Osten Syriens sowie im Norden und Westen des Iraks. Seit Anfang August haben die USA im Irak mehr als 100 Luftangriffe gegen die Terrormiliz geflogen, die Andersgläubige brutal verfolgt und tötet.

Laut US-Beamten war die jüngste Militäraktion in der Nähe von Bagdad der erste Schritt der Ausweitung der Offensive gegen die Terrormiliz, die US-Präsident Barack Obama vergangene Woche angekündigt hatte. Bislang hatten sich die Luftangriffe im Irak auf den Schutz amerikanischer Interessen und Bürger vor Ort, Hilfe für Flüchtlinge sowie die Sicherung strategisch wichtiger Anlagen beschränkt.

Im Kongress kommt die Entscheidungsfindung zu von Obama geforderten Waffenlieferungen und Trainingsprogrammen für moderate syrische Rebellen voran. Die Republikaner bereiteten einen Gesetzesentwurf dazu vor, über den sie am Dienstagmorgen (Ortszeit) informell debattieren wollten. Auch die Demokraten wollten die Vorlage prüfen, noch am Mittwoch könnte das Repräsentantenhaus darüber abstimmen. Der Entwurf würde das Pentagon zur Ausweitung eines bislang heimlichen Programms ermächtigen, durch das gemäßigte Rebellen in ihrem Kampf gegen die IS-Miliz und Assad-Truppen gestärkt werden sollen.

Medien: Bis zu 1000 Kämpfer aus Türkei

Die Terrormiliz rekrutiert nach Informationen der Zeitung "New York Times" zunehmend auch in der Türkei neue Mitglieder. Bis zu 1000 Türken hätten sich bislang der Extremistengruppe angeschlossen, berichtete das Blatt am Montag (Ortszeit) unter anderem unter Berufung auf türkische Regierungsangaben.

Anziehungspunkte seien sowohl die Ideologie der Miliz als auch die Bezahlung. Das Blatt berichtete von einem 27-jährigen Türken, der nach einer 15-tägigen Basisausbildung im syrischen Al-Rakka einer Kampfeinheit zugewiesen wurde. Er habe bereits zwei Männer erschossen und an einer öffentlichen Hinrichtung teilgenommen. Erst als er einen Mann lebendig begraben hatte, sei er als Vollmitglied der Miliz aufgenommen worden, sagte der ehemalige Drogenabhängige dem Blatt.

(ap)
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