Schreckgespenst "Fiscal Cliff" USA so verschuldet wie EU-Sorgenkind Italien

Düsseldorf · Kaum ist die Euphorie über Obamas Wahlsieg verflogen, macht sich in den USA ein Schreckgespenst breit: "Fiscal Cliff" droht das Land in eine Rezession zu stoßen, wenn sich Demokraten und Republikaner nicht bald finanzpolitisch einigen.

Die besten Sprüche des US-Wahlkampfs 2012
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Den politischen Kräften in den USA verbleiben nur noch wenige Wochen, um einen drohenden Wirtschaftsabschwung und den "Fiscal Cliff" abzuwenden, den finanzpolitischen Fall von der Klippe.

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten steht derzeit alles im Zeichen des akuten Sparzwangs. Die USA marschieren auf einen Gesamtschuldenstand von 120 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung zu. So stark ist etwa Italien verschuldet, das als Kandidat für den Euro-Rettungsschirm gilt.

Obama in Kontakt mit Republikanern

Erste Zeichen der Annäherung gibt es bereits: Nach Obamas Wiederwahl haben die Republikaner im Repräsentantenhaus Gespräche über einen kurzfristigen Haushaltskompromiss angeboten. Nur wenige Stunden nach seiner Wiederwahl telefonierte Obama am Mittwochabend mit den Spitzen im Kongress.

Der Sprecher des Abgeordnetenhauses, John Boehner, bekundete am Mittwoch in Washington seinen Willen zur Zusammenarbeit mit der Obama-Partei. Boehner kündigte eine Zusammenarbeit zur Schuldenbegrenzung an. "Wir müssen gemeinsame Positionen finden", sagte der Konservative.

Einigung bis Ende des Jahres

Bis zum 31. Dezember müssen Demokraten und Republikaner im Kongress einen Kompromiss zum Abbau des Defizits finden. Hintergrund ist ein erbitterter Streit um den Schuldenstand zwischen den beiden größten Parteien des Landes.

Sollten sie keinen Konsens finden, steigen die Bundessteuern für alle Einkommensgruppen auf das Niveau des Jahres 2001, bevor George W. Bush den Spitzensatz von 39 auf 35 Prozent senkte.

Zudem würden die Ausgaben der Alten-Gesundheitsfürsorge Medicare um ein Drittel gekürzt, bei Pentagon und FBI wird der Rotstift ebenso angesetzt wie bei den Nationalparks oder der Hygiene-Inspektion.

Rutsch in die Rezession

Unterm Strich würde die fatale Kombination aus Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen dem Wirtschaftskreislauf rund 500 Milliarden Dollar entziehen, das sind etwa drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Der Effekt dürfte ausreichen, um das Land zurück in die Rezession rutschen zu lassen. Mehr noch: Mitte Februar, schätzen Experten, ist das Limit von 16,4 Billionen Dollar erreicht, bis zu dem sich Uncle Sam verschulden darf. Was bedeutet, dass der amerikanische Staat seine Gläubiger nicht mehr bezahlen kann, falls das Parlament die Obergrenze bis dahin nicht anhebt.

Kursverluste nach Obama-Wahlsieg

Die US-Börsen haben den Wahlsieg von US-Präsident Barack Obama mit kräftigen Kursverlusten quittiert. Anleger hatten sich zwar grundsätzlich erleichtert über den eindeutigen Wahlausgang gezeigt, aber konzentrierten sich umgehend auf die am Jahresanfang drohende "Fiskalklippe" in Form automatischer Steuererhöhungen und Einsparungen, die die wirtschaftliche Erholung ersticken könnten.

Die USA könnten dadurch in die Rezession zurückfallen. "Obama konnte das Problem der Fiskalklippe vor den Wahlen nicht lösen - warum sollte er nun dazu in der Lage sein?", fragte Todd Schoenberger von der BlackBay Group.

Die Ratingagentur Moody's will die zukünftige Bonitätseinstufung der USA von den anstehenden Verhandlungen über den Haushalt für 2013 abhängig machen. Deshalb hält die Agentur an der Bestnote "AAA" fest und behält zunächst auch den negativen Ausblick bei.

Moody's hält an Bestnote fest

Auch wenn die USA am Jahresanfang über die "Fiskalklippe" stürzen sollten, will die Agentur nach eigenen Angaben vom Mittwoch den Staaten die Bestnote nicht sofort aberkennen. Vielmehr will sie zunächst die Fähigkeit der Wirtschaft untersuchen, sich von den automatisch in Kraft tretenden Steuererhöhungen und Einsparungen zu erholen.

Zu den größten Verlierern an der New Yorker Wall Street gehörten Aktien aus der Rüstungs-, Energie- und Gesundheitsbranche, weil diese Unternehmen wohl von einem Stabwechsel im Präsidialamt profitiert hätten. Auch die schlechte Konjunkturentwicklung in Europa rückte wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Der Dow-Jones-Index büßte 2,4 Prozent ein und fiel dabei auf 12.932 Punkte, nachdem er im Handelsverlauf zwischen 12.876 und 13.228 Punkten geschwankt hatte. Der breiter gefasste S&P-500 stürzte ebenfalls um 2,4 Prozent ab auf 1394 Zähler.

Nasdaq-Index gefallen

Der Index der Technologiebörse Nasdaq fiel 2,5 Prozent auf 2937 Punkte. Sowohl der Dow-Jones als auch der S&P-Index fielen auf den tiefsten Stand seit Anfang August.

Für Nervosität an der Wall Street sorgten neben den drohenden US-Schuldenproblemen auch Aussagen von EZB-Chef Mario Draghi. Jüngste Daten deuteten darauf hin, dass die Ausläufer der Euro-Krise nun auch die deutsche Wirtschaft erreicht hätten, sagte er am Mittwoch in Frankfurt. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Wirtschaft der Euro-Zone im kommenden Jahr nicht vom Fleck kommt.

(rpo/RP/rtr)
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