Rennen um das Weiße Haus Wie viel George W. steckt in Jeb Bush?

Washington · Beobachter rätseln, wie der Favorit der Republikaner weltpolitisch agieren wird, falls er als neuer Präsident ins Weiße Haus einzieht. Unter seinen 21 Beratern sind alle Richtungen vertreten, Falken ebenso wie stocknüchterne Realpolitiker.

 Wird Jeb Bush neuer Präsident der USA?

Wird Jeb Bush neuer Präsident der USA?

Foto: ap

Es ist schon eine Weile her, dass Paul Wolfowitz (71) zum letzten Mal im Rampenlicht stand. Vor dem Krieg im Irak beschwichtigte er skeptische Senatoren mit der schönen Prognose, dass die einmarschierenden Amerikaner in Bagdad als Befreier bejubelt würden. Je tiefer das Zweistromland in blutigem Chaos versank, umso einsamer wurde es um den prominentesten Sprecher der Neokonservativen im Kabinett George W. Bushs. Einst die rechte Hand von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, einer der Architekten der Invasion, schied er aus der Regierung aus, um auf den Chefposten der Weltbank zu wechseln, wo ihn eine Affäre um das auf sein Betreiben hin sprunghaft gestiegene Gehalt seiner Lebensgefährtin Shaha Ali Riza 2007 zum Rücktritt zwang.

Nun, nach Jahren im Abseits, meldet sich der frühere Politikprofessor zurück: Wolfowitz steht Jeb Bush, dem aktuellen Favoriten der Republikaner im Rennen ums Weiße Haus, als außenpolitischer Berater zur Seite. Kein Wunder, dass sich an der Personalie heftige Diskussionen entzünden.

Wandelt der offiziell noch nicht erklärte Kandidat auf den Spuren seines älteren Bruders? Könnten die USA unter einem Präsidenten Jeb Bush zur burschikosen Interventionsstrategie eines George W. zurückkehren? Oder orientiert sich der Jüngere eher an seinem Vater, an George Herbert Walker Bush, einem nüchternen Realpolitiker?

Momentan ist alles offen und Jeb ein unbeschriebenes Blatt. Die Ausgangslage erinnert an das Jahr 2000, als George W. Bush im Gouverneurssessel von Texas zwar innenpolitische Erfahrungen gesammelt hatte, aber keine, die über den nationalen Tellerrand hinausreichten. Jeb Bush, einst Gouverneur in Florida, hielt zwar neulich seine erste außenpolitische Grundsatzrede. Das Konzept, das er vorm Chicago Council of Global Affairs skizzierte, lässt indes noch keinerlei klare Konturen erkennen.

Die Vereinigten Staaten, so betonte er, müssten stets darauf achten, dass sie ihren Feinden "Furcht einflößen". Ergo gelte es, den Verteidigungsetat zu erhöhen und den Sparkurs zu beenden, wie ihn Barack Obama angesichts chronischer Haushaltsdefizite eingeschlagen hatte. Im Irak seien sicher Fehler gemacht worden, gestand er zu. Die Truppenaufstockung, mit der sein Bruder das Ruder vier Jahre nach dem Einmarsch herumzureißen versuchte, zähle indes zu den mutigsten Entscheidungen in der Chronik des Weißen Hauses. Sein Vater, so fügte Jeb mit landestypischer Neigung zum Superlativ hinzu, sei unter allen noch lebenden Politikern der Größte. "Und ich liebe meinen Bruder. Ich glaube, er war ein großartiger Präsident."

Wo Wortgirlanden alles vernebeln, hilft ein Blick aufs Beraterteam: 21 Außenpolitiker, von denen 19 bereits in früheren republikanischen Administrationen dienten, von Ronald Reagan über Bush Senior bis hin zu Bush Junior. Da ist James Baker (84), Außenminister zu Zeiten der deutschen Wiedervereinigung, alte realpolitische Schule. George Shultz (94), Chefdiplomat unter Ronald Reagan, symbolisiert eine Mannschaft, die das konservative Amerika nostalgisch verklärt, die es für die erfolgreichste der Nachkriegszeit hält. Robert Zoellick (61), ein enger Vertrauter Bakers, steht für eine Politik der Stärke, die gleichwohl auf neokonservative Abenteuer verzichtet. Die Neocons wiederum sind außer durch Wolfowitz auch durch John Hannah vertreten, einen Assistenten des früheren Vizepräsidenten Dick Cheney, der im Atompoker mit Iran für eine ausgesprochen harte Linie plädiert.

Noch aufschlussreicher ist, wer fehlt auf der Beraterliste. Den Namen von Condoleezza Rice, den Bushs in alter Freundschaft verbunden, sucht man vergebens, was die Gerüchtebörse prompt rätseln lässt, ob sie sich demnächst nicht selber ums Oval Office bewirbt. Auch Colin Powell ist nicht vertreten, der unglückliche Außenminister des IrakKriegs, der im Nachhinein bedauert, wie er sich vor den Karren spannen ließ, als er 2003 im UN-Sicherheitsrat die Bedrohung durch vermeintliche irakische Massenvernichtungswaffen ausmalte. Später empfahl er Obama zweimal zur Wahl, statt für die Kandidaten der Republikaner zu werben. Eine Sünde, die ihm ein Bush wohl am wenigsten verzeiht.

(RP)
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