Diplomatie USA wollen wieder eine Botschaft auf Kuba eröffnen

Washington · Nach einer jahrzehntelangen Eiszeit schlagen die USA und Kuba ein neues Kapitel ihrer diplomatischen Beziehungen auf. In Havanna solle in den kommenden Monaten wieder eine US-Botschaft eröffnet werden.

 Barack Obama hat im Dezember 2013 in Südafrika beim Begräbnis von Nelson Mandela Kubas Präsident Raul Castro die Hand geschüttelt.

Barack Obama hat im Dezember 2013 in Südafrika beim Begräbnis von Nelson Mandela Kubas Präsident Raul Castro die Hand geschüttelt.

Foto: ap, Uncredited

Zudem sollen einige Beschränkungen beim Handel und bei Finanzgeschäften teilweise aufgehoben werden, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter am Mittwoch. Komplett aufgehoben sind das scharfe Wirtschafts- und Handelsembargo gegen die Karibikinsel sowie bestehende Reisebeschränkungen damit allerdings nicht. Aufheben kann diese nur der US-Kongress. Da dieser Schritt in der nächsten Zeit nicht absehbar sei, habe sich US-Präsident Barack Obama entschieden, in dem ihm möglichen Rahmen allein zu handeln, sagte der Regierungsbeamte.

 Seeblockade vor Kuba: Ein Aufklärungsflugzeug der US-Marine fliegt über das US-Kriegsschiff USS-Barry (vorne) und den sowjetische Frachter Anosow. Die Barry kontrollierte das sowjetische Schiff, von dem vermutet wird, daß es für Kuba bestimmte sowjetische Raketen tranportierte.

Seeblockade vor Kuba: Ein Aufklärungsflugzeug der US-Marine fliegt über das US-Kriegsschiff USS-Barry (vorne) und den sowjetische Frachter Anosow. Die Barry kontrollierte das sowjetische Schiff, von dem vermutet wird, daß es für Kuba bestimmte sowjetische Raketen tranportierte.

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Teil der Abmachung zwischen Washington und Havanna war ein Austausch des vor fünf Jahren in Kuba verhafteten Amerikaners Alan Gross gegen die drei verbliebenen Gefangenen der sogenannten "Cuban Five" in den USA. Sie waren 1998 als Teil eines kubanischen Spionagerings in den USA zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Außerdem will die kubanische Regierung 53 politische Gefangene freilassen. "Die kubanische Regierung hat sich bereit erklärt, 53 Häftlinge freizulassen, die aus unserer Sicht politische Gefangene sind", sagte ein Vertreter der US-Regierung am Mittwoch in Washington. Einige der Häftlinge seien bereits auf freiem Fuß.

US-Präsident Barack Obama und der kubanische Staatschef Raúl Castro haben den Berichten ein historisches Telefonat geführt. Das knapp einstündige Gespräch am Dienstag sei der erste direkte Kontakt zwischen einem US-Präsidenten und einem kubanischen Staatschef seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen nach der kubanischen Revolution vor mehr als einem halben Jahrhundert gewesen, sagte ein Regierungsvertreter in Washington.

Das Weiße Haus erklärte, dass "Jahrzehnte der Isolation" nicht das Ziel erreicht hätten, die Entstehung eines "demokratischen, wohlhabenden und stabilen Kubas" zu fördern. Die beiden Länder hatten 1961 die diplomatischen Beziehungen abgebrochen, im Jahr darauf verhängten die USA ein bis heute geltendes Handelsembargo gegen den nur 150 Kilometer vor Florida gelegenen Inselstaat. Obama hatte in den vergangenen Jahren bereits einige Restriktionen gelockert, etwa bei Reisen und Geldtransfers von in den USA lebenden Exil-Kubanern in Heimatland.

Raúl Castro hat darauf hingewiesen, dass das Kardinalproblem des US-Embargos auch nach der Einigung auf eine Annäherung zwischen den USA und Kuba noch gelöst werden muss. "Wir haben die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen beschlossen", sagte Castro am Mittwoch - und bestätigte damit entsprechende Angaben von US-Präsident Barack Obama. "Dies bedeutet aber nicht, dass das Entscheidende geklärt ist: die wirtschaftliche Blockade", sagte Castro.

Papst als Vermittler

Papst Franziskus hat offenbar die Präsidenten der USA und Kuba persönlich zu einer Wiederannäherung angehalten. Das sagte ein hoher US-Regierungsvertreter am Mittwoch vor Journalisten in Washington. Franziskus schrieb demnach im Verlauf des Jahres Briefe an Barack Obama und Raul Castro, in denen er eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen anmahnte. Damit habe der Papst einen wichtigen "Anstoß für uns gegeben, einen Schritt weiterzugehen", so der US-Regierungsvertreter.

Nach seinen Worten waren die Briefe des Papstes Teil einer größeren diplomatischen Anstrengung des Vatikan, der auch "direkte Gespräche" zwischen US-amerikanischen und kubanischen Regierungsvertretern organisiert habe. Unbestätigten Medienberichten zufolge, die sich auf US-Senatoren berufen, soll der Vatikan auch einen Gefangenenaustausch zwischen beiden Ländern ausgehandelt haben.

Steinmeier: Respekt vor Mut Obamas

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die historische Annäherung zwischen den USA und Kuba begrüßt. Die Ankündigung von Obama und Castro, die Beziehungen zwischen ihren beiden Ländern zu normalisieren, sei "eine sehr gute Nachricht in dieser konfliktreichen Zeit", erklärte Steinmeier am Mittwochabend in Berlin. "Das Ende der Jahrzehnte währenden Sprachlosigkeit zwischen den beiden Nachbarn" könne "der Auftakt einer weitreichenden Annäherung und Öffnung sein".

Er habe "großen Respekt für den Mut" Obamas, "mit einer mehr als sechs Jahrzehnte währenden Politik zu brechen, die letztlich nur Stillstand, Sprachlosigkeit und Perspektivlosigkeit für die Menschen produziert hat", fügte Steinmeier hinzu.

Auch Europa hat im Jahr 2013 mit der Aufnahme von Verhandlungen mit Kuba über ein Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit einen Neuanfang gewagt, erläuterte Steinmeier. "Wir haben diesen Prozess mit der klaren Haltung verbunden, dass die Menschenrechtssituation auf Kuba nach wie vor kritisch hinterfragt und verbessert werden muss". Er sei mit Obama der Meinung, "dass die Würde und die Selbstbestimmung der Menschen in Kuba Maßstab unserer Kuba-Politik sein sollten", heißt es in der Erklärung Steinmeiers.

Zahlen und Fakten rund um die Karibikinsel

Der Inselstaat Kuba ist eines der letzten Bollwerke des Kommunismus. Seit 2008 setzt der Karibikstaat eine langsame marktwirtschaftliche Öffnung in Gang. Mit mehr als 110.000 Quadratkilometern ist Kuba etwa so groß wie die frühere DDR und hat etwa elf Millionen Einwohner.

Bei Urlaubern ist die größte Karibikinsel vor allem wegen ihres Flairs beliebt. Das tropische Klima und die weißen Strände ziehen jährlich rund 2,8 Millionen Touristen an. Besonders beliebt sind dabei der rund 120 Kilometer östlich von der Hauptstadt Havanna gelegener Badeort Varadero, sowie mehrere kleine Sandinseln an der nordöstlichen Küste. Mit ihrem türkisfarbenem Meer gehört die Insel zu den besten Tauchgründen der Welt.

Rund 2,1 Millionen Menschen leben in der Hauptstadt Havanna. Das Stadtbild ist geprägt von Bauten aus der Kolonialzeit und Autos der 1940er und 1950er Jahre. Zu den wichtigsten Wirtschaftsbereichen Kubas gehören neben dem Tourismus die Spirituosen- und Tabakindustrie.

Die berühmten "Cohiba"-Zigarren werden von Rauchern in aller Welt geschätzt. Die staatlich kontrollierte Wirtschaft verfügt zudem über Bodenschätze wie Nickel, Kupfer, Chrom und Kobalt.

(dpa)
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