Verbale Eskalation zwischen USA und Nordkorea Kim Jong Un ist nicht zu stoppen

Meinung | Düsseldorf · Die Drohgebärden zwischen Nordkorea und den USA sind riskant. Um Kim Jong Un wenigstens einzuhegen, bleibt eigentlich nur eins: ein neuer diplomatischer Anlauf – zum Beispiel, in dem man dem Regime in Pjöngjang einen Friedensvertrag anbietet.

Die Bildkombo zeigt den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un und den amerikanischen Präsidenten Donald Trump.

Die Bildkombo zeigt den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un und den amerikanischen Präsidenten Donald Trump.

Foto: afp

Die Drohgebärden zwischen Nordkorea und den USA sind riskant. Um Kim Jong Un wenigstens einzuhegen, bleibt eigentlich nur eins: ein neuer diplomatischer Anlauf — zum Beispiel, in dem man dem Regime in Pjöngjang einen Friedensvertrag anbietet.

Wenn man die verbale Eskalation zwischen Washington und Pjöngjang verfolgt, kann man fast den Eindruck bekommen, dass die atomare Apokalypse kurz bevorsteht. Natürlich sind die gegenseitigen Drohgebärden riskant, weil sie die Gefahr überstürzter Reaktionen verstärken. Trotzdem: Nordkoreas Diktator Kim Jong Un wird keinen Krieg vom Zaun brechen, der sein sicheres Ende bedeuten würde. Aber er wird auch um keinen Preis sein Atomwaffenprogramm aufgeben, das Nordkorea unbeirrt von Sanktionen seit vielen Jahren vorantreibt.

Donald Trumps Gepoltere ist daher vor allem der Ausdruck einer frustrierten Erkenntnis: Der Aufstieg der letzten stalinistischen Diktatur zur Atommacht ist wohl nicht mehr zu stoppen.

Es wird also Zeit, sich mit den Auswirkungen der neuen Lage zu befassen. Das Geschäftsmodell des Kim-Regimes beruht auf Erpressung, und mit der Bombe verfügt Pjöngjang über das ultimative Druckmittel. Das nukleare Arsenal soll die USA von einem Angriff abschrecken, aber soll es womöglich auch einen eigenen Angriff decken?

Kim Jong Un verfolgt schließlich dasselbe außenpolitische Ziel wie schon sein Vater und sein Großvater: die Wiedervereinigung der Halbinsel unter nordkoreanischen Vorzeichen. 1950 hatte das Regime deswegen den Koreakrieg entfesselt, der drei Jahre dauerte und vier Millionen Tote forderte. Damals griffen die USA ein und drängten die Nordkoreaner zurück. Aber würden sie das verbündete Südkorea mit derselben Entschlossenheit schützen, wenn sie diesmal einen atomaren Schlagabtausch riskierten, der auch US-Städte verwüsten könnte?

Als Reaktion Südkorea und möglicherweise auch weiteren Nachbarländern wie Japan zu erlauben, sich ebenfalls nuklear zu bewaffnen, könnte Kim zu gefährlichen Aktionen verleiten und hätte in jedem Fall einen hohen Preis: Es wäre wohl das Aus für die Nichtverbreitungspolitik von Atomwaffen, die 40 Jahre leidlich funktioniert hat.

Wenn Nordkorea seine Atomwaffentechnologie weiterverscherbelt

Dasselbe dürfte aber auch eintreffen, wenn nichts geschieht und sich Nordkorea als erstes Schwellenland ungestraft mit atomaren Interkontinentalraketen ausrüsten kann. Das könnte wiederum andere Länder auf den Geschmack bringen, zumal das stets klamme Nordkorea seine Atomwaffentechnologie weiterverscherbeln könnte — an Staaten, aber auch an finanziell potente Terrorgruppen.

Was also tun? Eigentlich bleibt nur ein neuer diplomatischer Anlauf, um Kim wenigstens einzuhegen. Man könnte etwa einen neuen Versuch unternehmen, mit Kim ins Gespräch zu kommen und ihm einen formellen Friedenvertrag anbieten. Denn 1953 wurde zum Ende des Koreakriegs lediglich ein Waffenstillstand vereinbart; streng genommen befinden sich die USA und Nordkorea also weiter im Krieg.

Ob ein solcher Schritt endlich eine Vertrauensbasis mit einem paranoiden Regime schaffen könnte, bleibt eine sehr vage Hoffnung. Aber mehr als vage Hoffnung gibt es nicht mehr.

(bee)
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