Ungarisches Parlament Viktor Orban verliert Zweidrittelmehrheit

Budapest · Rückschlag für die ungarische Regierung: Der rechtskonservative Ministerpräsident Viktor Orban hat durch eine Nachwahl die Zweidrittelmehrheit im Parlament eingebüßt.

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Foto: AP/Petr David Josek

Der von der linken Opposition unterstützte parteilose Kandidat Zoltan Kesz erhielt bei der Abstimmung im westungarischen Veszprem am Sonntag 43 Prozent der Stimmen. Der von der regierenden Fidesz-Partei ins Rennen geschickte Bewerber Lajos Nemedi kam auf gut 33 Prozent.

Die Nachwahl in Veszprem war nötig geworden, um den freien Sitz von Tibor Navracsics zu besetzen, der mittlerweile EU-Kommissar für Bildung, Kultur und Jugend ist. Orban hatte im Vorfeld versucht, die Bedeutung der Nachwahl zu relativieren. Der neu gewählte Abgeordnete Kesz wertete seinen Sieg indes am Sonntag als "gelbe Karte für die Regierung".

Auch der Politikexperte Gabor Torok sagte im ungarischen Fernsehen, das Ergebnis der Nachwahl sei eine "Niederlage für Fidesz". Im Vorfeld der Abstimmung hatte zudem der Analyst Csaba Toth der Nachrichtenagentur AFP gesagt, sollte die Regierungspartei die Nachwahl verlieren, werde der Absturz in den Umfragen dadurch "greifbar". Die Wahl habe damit einen hohen "symbolischen" Wert.

Fast fünf Jahre lang hatte Orban auf eine Zweidrittelmehrheit im Parlament zählen können. Zuletzt hatte seine Regierung aber nur eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme. Mit der für eine Verfassungsänderung nötigen Zweidrittelmehrheit hatte die Regierung unzählige Gesetze unter anderem zu Medien- und Justizreformen durchgesetzt und die Gewaltenteilung faktisch ausgehebelt. Von der Opposition und im europäischen Ausland war Orban besonders für die Einschränkung der Pressefreiheit hart kritisiert worden. Der wiederholt von der EU-Kommission gerügte Regierungschef ließ außerdem treue Gefolgsleute an die Spitze wichtiger Behörden und Gremien setzen.

Nach Korruptionsskandalen und Massenprotesten gegen die Regierung verlor die Fidesz zuletzt an Zustimmung. Kritisiert wurde Orban jüngst auch für sein Verhältnis zu seinem russischen Kollegen Wladimir Putin, der vor einer Woche Budapest besucht hatte. So gingen am Vorabend der Reise Putins nach Budapest etwa 2000 Menschen in der ungarischen Hauptstadt aus Protest auf die Straße.

(dpa)
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