Ungarns Präsident Viktor Orban: Flüchtlingskrise ist "ein deutsches Problem"

Brüssel · In der Hoffnung auf Ausreise steigen Hunderte Flüchtlinge in Budapest in Züge - und werden kurze Zeit später gestoppt. Es gibt tumultartige Szenen. Regierungschef Orban zeigt in Brüssel mit dem Finger auf Deutschland.

Bicske: Zug mit Flüchtlingen wird von der Polizei gestoppt
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Flüchtlinge stranden am Bahnhof in Bicske

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Foto: dpa, ase sh

Flüchtlingschaos in Ungarn: Nach dem Rückzug der Polizei vom Budapester Ostbahnhof sind am Donnerstag mehrere hundert Flüchtlinge, die seit Tagen vor dem Gebäude campiert hatten, in Züge gestiegen - in der Hoffnung auf Ausreise in den Westen. Die Züge wurden jedoch nach kurzer Zeit gestoppt, die Migranten mussten aussteigen, wie die ungarische Nachrichtenagentur MTI berichtete. In Bicske, rund 37 Kilometer westlich von Budapest, wartete die Polizei mit Bussen, um die Menschen in das nahegelegene Flüchtlingslager zu bringen. Es kam zu tumultartigen Szenen.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban bezeichnete den Andrang von Flüchtlingen als "deutsches Problem". Nach einem Gespräch mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz erklärte er in Brüssel, es dürfe kein Flüchtling ausreisen, ohne dass er vorher registriert worden sei. Ungarn halte sich lediglich an europäische Regeln und tue das, was Bundeskanzlerin Angela Merkel erwarte.

Flüchtlinge stürmen Bahnhof in Budapest
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Flüchtlinge stürmen Budapester Bahnhof

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Foto: ap

"Das Problem ist kein europäisches Problem. Das Problem ist ein deutsches Problem", betonte Orban. Die Migranten wollten nicht in Ländern wie Ungarn, Polen oder Estland bleiben. "Alle würden gerne nach Deutschland gehen." Migranten warnte der rechtsnationale Regierungschef ausdrücklich vor einer Einreise nach Ungarn. "Bitte kommen Sie nicht. Es ist riskant zu kommen. Wir können nicht garantieren, dass Sie akzeptiert werden."

Merkel: "Flüchtlinge gehen alle an"

Merkel wies die Vorwürfe Orbans scharf zurück. Bei einem Besuch in der Schweiz sagte die Kanzlerin: "Deutschland tut das, was moralisch und was rechtlich geboten ist. Und nicht mehr und nicht weniger." Zugleich ermahnte sie Ungarn, die Genfer Konvention einzuhalten, in der der Schutz von Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen geregelt ist: "Das Prinzip heißt, dass diejenigen Schutz bekommen, die Schutz brauchen. Das sollte für alle europäischen Staaten gelten."

Flüchtlinge überwinden Stacheldrahtzaun an ungarisch-serbischer Grenze
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Flüchtlinge überwinden Stacheldrahtzaun an ungarisch-serbischer Grenze

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Foto: afp, ak/agz

Die ungarische Polizei hatte sich unmittelbar vor Orbans Auftritt in Brüssel erneut vom Ostbahnhof in Budapest zurückgezogen, der seit Dienstag für Migranten gesperrt war. Hunderte Flüchtlinge strömten daraufhin auf die Bahnsteige. Am Mittag fuhr ein erster Zug mit Flüchtlingen in Richtung österreichische Grenze ab.

Wie die staatliche Nachrichtenagentur MTI berichtete, wurde er jedoch schon in Bicske gestoppt. Polizisten, Dolmetscher und rund 20 Busse hätten auf die Flüchtlinge gewartet, um sie in das nahe gelegene Flüchtlingslager zu bringen. Viele der Flüchtlinge seien aus dem Zug geholt worden.

Ein weiterer Zug fuhr laut MTI in Richtung Györ im Westen Ungarns. Kurz vor der Stadt sei er ebenfalls von der Polizei angehalten worden. Die Asylsuchenden seien mit Bussen zur Feststellung der Personalien nach Györ gebracht worden.

Ursachen der großen Flucht
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Ursachen der großen Flucht

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Foto: ALESSANDRO BIANCHI

Der Ostbahnhof in Budapest werde bis auf weiteres nicht mehr von internationalen Zügen angefahren, teilte die Deutsche Bahn am Donnerstag auf ihrer Internetseite mit. Die Eurocity zwischen Budapest und Wien, Salzburg und München würden derzeit am ungarischen Ort Hegyeshalom, an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn, starten und enden. Die österreichische Bundesbahn (ÖBB) riet generell von Bahnreisen nach Ungarn ab.

Die tschechische Eisenbahn CD teilte mit, dass die internationalen Eurocity-Zugverbindungen von Berlin über Prag nach Budapest seit Donnerstagvormittag im ungarischen Grenzbahnhof Szob beginnen oder enden. In Szob müssten die Reisenden in Regionalzüge umsteigen.

(dpa)
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