Flüchtlinge in Europa Alle gegen Merkel

Prag · Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei wollen die Balkanroute für Flüchtlinge schließen. Das Bündnis hat das Potential, die EU nachhaltig zu spalten.

 Einigkeit in der Flüchtlingsfrage: Orban, Szydlo.

Einigkeit in der Flüchtlingsfrage: Orban, Szydlo.

Foto: dpa, fs bjw

Die Visegrad-Staaten - Tschechien, Polen, Ungarn und Slowakei - waren in ihrer 25-jährigen Geschichte kaum von Bedeutung. Die EU-Kommission in Brüssel nahm von den regelmäßigen Treffen kaum Notiz, zumal die vier Staaten (V 4) in europapolitischen Fragen kaum jemals einig waren. Doch auf dem Höhepunkt der Migrationskrise hat das bislang eher zahnlose Bündnis das Potenzial, die EU nachhaltig zu spalten.

"Die V 4 ist eine der stärksten regionalen Gruppierungen innerhalb der Europäischen Union geworden", triumphierte gestern der tschechische Premier Bohuslav Sobotka vor der Eröffnung des Jubiläumstreffens in Prag.

Wenig Vertrauen in Merkel

Die verabschiedete "Prager Deklaration" enthielt zwar das übliche Bekenntnis zu Europa. Doch auf der Tagesordnung stand die Blockade einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik, die die V 4-Regierungen gegen die starke Fremdenfeindlichkeit kaum durchsetzen können. Sie trauen der Versicherung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel nicht, dass die Türkei künftig den Flüchtlingsstrom nach Europa kontrollieren oder gar stoppen könne. Die Generallinie der Osteuropäer: Solidarität für besseren Grenzschutz ja, Aufnahme von Flüchtlingen und Integrationsprojekte nein.

Orbán ist der Wortführer

Die von der EU verlangte Aufnahmequote pro Mitgliedsland haben die V 4 praktisch schon zum Scheitern gebracht. Stattdessen soll nach Vorstellung der V 4 die Außengrenze der EU nach dem Vorbild Ungarns mit Zäunen abgeschirmt werden, notfalls militärisch, da der Schengen-Staat Griechenland nicht dazu in der Lage sei. "Wir sind entschlossen, den Flüchtlingsstrom zu kontrollieren und zu lenken", sagte der mazedonische Präsident Djordje Ivanov. Sein Land baut an der griechisch-mazedonischen Grenze bereits einen zweiten Stacheldrahtzaun.

Ungarns Premier Viktor Orbán, machtbewusster Wortführer der V 4, versprach Mazedonien und Bulgarien, jederzeit Polizisten, Soldaten und zusätzlichen Stacheldraht zu liefern. Orbán drohte gestern zudem, auch zum EU-Nachbarn Rumänien einen Grenzzaun aufzuziehen.

(RP)
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