Vorwahlen in Iowa Verbitterte Stimmung lässt Außenseiter triumphieren

Meinung | Davenport · Die Vorwahlen im US-Bundesstaat Iowa waren die Stunde der Außenseiter. Grund ist die aufgewühlte und verbitterte Stimmung im Land.

 Ted Cruz am Wahlabend in Des Moines, Iowa.

Ted Cruz am Wahlabend in Des Moines, Iowa.

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Was Iowa zeigt, ist die Entfremdung der amerikanischen Wähler von ihrer politischen Klasse, vom Establishment, um es mit dem Modewort der Kampagne 2016 zu sagen.

Viele trauen traditionellen Politikern nichts mehr zu, sie hadern mit Barack Obama, dem mit Hoffnungen überladenen Präsidenten, sie verzweifeln an einem Kongress, in dem die Republikaner den Ton angeben und der sich am Rande der Handlungsunfähigkeit bewegt. Die Volkswirtschaft ist zwar nach Finanzkrise und Rezession wieder gewachsen, die persönlichen Einkommen indes stagnieren, wenn sie real nicht sogar sinken. Die Schuld dafür gibt man der Politik.

Aufgewühlt und verbittert

Die teils aufgewühlte, teils verbitterte Stimmungslage hat Kandidaten, die noch vor Monaten als krasse Außenseiter galten, in Iowa triumphieren lassen. Bei den Republikanern Ted Cruz, den erst 2012 auf der Tea-Party-Welle gewählten Senator aus Texas, einen erzkonservativen Bibelprediger, dem es gelungen ist, sich als Sprecher der christlichen Rechten zu profilieren.

Bei den Demokraten Bernie Sanders, den Senatsveteranen aus Vermont. Der ging zwar gleichauf mit Hillary Clinton durchs Ziel, psychologisch aber ist er der Sieger, weil ihm noch vor Kurzem keiner ein solches Kopf-an-Kopf-Rennen zugetraut hatte. Was sich bei den Demokraten abzeichnet, ist ein echter Wettstreit der Ideen, womöglich einer, der sich über Monate hinziehen wird — Sanders‘ europäisch-sozialdemokratisches Programm gegen Clintons Pragmatismus der amerikanischen Mitte.

Bei Cruz wird sich zeigen müssen, ob der Spitzenplatz in Iowa mehr ist als nur eine Eintagsfliege. Bereits 2008 und 2012 hat der "Hawkeye State" mit Mike Huckabee und Rick Santorum Kandidaten zu Siegern gekürt, die irgendwann untergingen.

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Schon in New Hampshire, das nächste Woche mit seiner Primary Weichen stellt, könnte Cruz zurückfallen. Obwohl er später vielleicht in einigen Südstaaten punktet, dass er das Kandidatenduell für sich entscheidet, ist wohl eher eine theoretische Option. Zu sehr ist er ein Mann der Nische, der Evangelikalen, die eben nur ungefähr ein Drittel der Anhänger der "Grand Old Party" bilden, wenn auch in Iowa deutlich mehr.

Der republikanische Star der Wahlnacht heißt Marco Rubio, der bühnenstarke Senkrechtstarter mit kubanischen Wurzeln, der die übrigen moderateren Bewerber — Jeb Bush, John Kasich, Chris Christie — überraschend deutlich abgehängt hat. Auch Rubio profitiert vom Zorn auf das Establishment, wenngleich er inzwischen selber dazugehört: Zum einen versteht er es, sich als frisches Gesicht zu verkaufen, zum anderen war es die Tea Party, die ihm 2010, als er die gesamtnationale Bühne betrat, beim Senatsvotum in Florida zu einem Sensationssieg verhalf.

Und Donald Trump? Die Trump-Blase, scheint es, ist gerade am Platzen. Ein selbstverliebter Milliardär, der (nicht existierende) Programme durch den Spruch ersetzt, dass Amerika unter seiner Regie wieder gewinnen werde, schon weil er immer gewonnen habe, hat zum Auftakt der Vorwahlen verloren.

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Damit ist der Lack ab, der Prahlhans zurückgeholt auf den Boden der Realität. Zieht der Unternehmer auch in New Hampshire den Kürzeren, gegen wen auch immer, ist es vielleicht schon der Anfang vom Ende der Donald-Trump-Show. Immerhin, sie hätte das Land dann über Monate in Atem gehalten.

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