Erster Wahlgang in Frankreich Frankreich ist gespalten

Paris · Im Norden und Osten Marine Le Pen, im Westen Emmanuel Macron: Das ist die politische Geografie in Frankreich vor der Stichwahl in zwei Wochen.

 Emmanuel Macron geht als Favorit in die Stichwahl gegen Marine Le Pen.

Emmanuel Macron geht als Favorit in die Stichwahl gegen Marine Le Pen.

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Dunkelblau ist die dominierende Farbe auf der Landkarte Frankreichs - dunkelblau für Marine Le Pen. Die Rechtspopulistin kam in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag zwar nur auf den zweiten Platz hinter dem Mitte-links-Kandidaten Emmanuel Macron, dominiert aber die politische Geografie. Der Norden und der Osten stimmten mehrheitlich für die Chefin des Front National, die mit 7,7 Millionen Stimmen ihr bisher bestes Ergebnis erreichte. "Das Frankreich, dem es gut geht, hat Macron gewählt. Das Frankreich, das leidet, entschied sich für Le Pen", schreibt das Magazin "Express".

 Die Mehrheiten in den Départements nach dem ersten Wahlgang. Klicken Sie auf "Vergrößern", um die ganze Grafik zu sehen.

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Foto: DPA/Weber

Besonders gut scheint es demnach den Einwohnern von Paris zu gehen, die sich mit knapp 35 Prozent für den Gründer der Bewegung "En Marche" entschieden und ihm damit sein bestes Ergebnis bescherten. Le Pen deklassierten die Pariser mit nur fünf Prozent. Ähnlich schwach schnitt die 48-Jährige in Lyon mit 8,9 Prozent ab und in Bordeaux mit 7,4 Prozent. Stark war Le Pen dagegen auf dem Land, vor allem in ihren Hochburgen im Norden. Das beste Ergebnis erhielt sie im ländlichen Departement Aisne nördlich von Paris mit 35,7 Prozent. "Zwei Frankreichs stehen sich gegenüber, die noch nie so weit entfernt voneinander zu sein schienen", kommentierte "Le Monde".

Auch die beiden Kandidaten der Stichwahl am 7. Mai scheinen Lichtjahre zu trennen. Hier der weltoffene Europa-Befürworter Macron, dort die Nationalistin und EU-Feindin Le Pen. "Es ist Zeit, das französische Volk von den arroganten Eliten zu befreien, die ihm seinen Weg vorgeben wollen", sagte die FN-Chefin in ihrer kämpferischen Rede am Wahlabend, die bereits einen Vorgeschmack auf die nächsten zwei Wochen gab. Macron erwiderte kurz darauf: "Ich will der Präsident der Patrioten werden gegen die Bedrohung der Nationalisten."

Auf dem Papier scheint der 39-jährige Polit-Neuling den Sieg schon fast in der Tasche zu haben. Eine Umfrage sagte ihm 69 Prozent in der Stichwahl gegen Le Pen voraus. Nach dem sozialistischen Kandidaten Benoît Hamon sprach sich gestern auch dessen Partei geschlossen für Macron aus. Auf konservativer Seite hat der Kandidat, der sich als "weder rechts noch links" versteht, die Unterstützung seines Rivalen François Fillon und anderer Parteigrößen.

Fillon lag lediglich in seiner Heimatregion im Nordwesten und in zwei weiteren Départements vorn. Unklar war allerdings, ob auch Fillons Partei der Republikaner eine Empfehlung für Macron ausgeben würde. 2002 hatte eine "republikanische Front" aus Konservativen und Sozialisten den haushohen Sieg des konservativen Amtsinhabers Jacques Chirac gegen Jean-Marie Le Pen ermöglicht, Marine Le Pens Vater.

Bilder von der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich
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Die erste Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich

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Bei den Sozialisten, denen Hamon mit gut sechs Prozent das zweitschlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte bescherte, begann bereits die Abrechnung. "Das ist das Ende einer Geschichte", sagte Ex-Regierungschef Manuel Valls im Radio. "Wenn man eine linksextreme Kampagne führt, erntet man die Früchte", kritisierte der Zweite der Vorwahlen, der bereits Ende März zur Wahl Emmanuel Macrons aufgerufen hatte und sich nun zur zentralen Figur einer Erneuerung der Sozialisten machen könnte.

Die Regierungspartei verlor nicht nur an Macron, sondern auch an den EU-skeptischen Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon, der vor einer Empfehlung für die zweite Runde die Mitglieder seiner Bewegung befragen will. Mélenchon lag in drei Départements vorn. Laut Umfragen will knapp die Hälfte der Fillon-Wähler in der Stichwahl am 7. Mai für Macron stimmen sowie 52 Prozent der Anhänger von Mélenchon und 76 Prozent der von Hamon.

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Das ist Emmanuel Macron

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Foto: dpa, TH

Bei den Konservativen, deren Misserfolg vor allem den Affären ihres Kandidaten Fillon zuzuschreiben ist, zeichneten sich ebenfalls Richtungskämpfe ab. Ex-Regierungschef Alain Juppé forderte, den Kurs der Partei zu überdenken. Der Bürgermeister von Bordeaux steht für eine liberale Politik, während Fillon den wertkonservativen Flügel verkörpert. Eine Diskussion über die Parteilinie dürfte allerdings erst nach den Parlamentswahlen am 11. und 18. Juni folgen, für die sich Fillons Republikaner noch Chancen auf eine Mehrheit in der Nationalversammlung ausrechnen.

Dann könnte es zu einer Kohabitation, also zu einer politischen Zwangsehe, zwischen einer konservativen Regierung und einem sozialliberalen Präsidenten Macron kommen. Für die dringend benötigten Reformen in Frankreich wären das allerdings schlechte Vorzeichen.

(RP)
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