Venlo vor den niederländischen Wahlen "Geert Wilders entzweit die Menschen"

Am heutigen Mittwoch wählen die Niederländer ein neues Parlament. In seiner Geburtsstadt Venlo hat der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders viele Kritiker. Wir haben uns dort umgehört.

Als Geert Wilders zuletzt über die niederländischen Dörfer Limburgs tingelte, zahlreiche Sicherheitsleute an seiner Seite, inszenierte er sich als der Mann aus dem Volk, als einer, der zuhört. Wilders weiß natürlich, warum er diese Botschaft ausgerechnet in Limburg kundtun musste.

Es ist nicht nur die Provinz, in der er geboren wurde, es ist die, in der er in den vergangenen Jahren viele Stimmen verloren hat. In seiner Heimatstadt Venlo konnte Wilders bei der Parlamentswahl 2010 noch gut 30 Prozent erreichen. Zwei Jahre später, als es eine vorgezogene Neuwahl gab, hatte er bereits zehn Prozentpunkte verloren.

"Die Grenzen dichtmachen? Das ist doch unsinnig"

Venlo ist ein Touristenort. Auf den Straßen findet man nur wenige Niederländer. Doch diejenigen, die man findet, halten nicht viel von ihrem populären Mitbürger. "Seine Standpunkte gegenüber den Ausländern sind viel zu extrem", sagt René de Bruin über Wilders.

Seit sieben Jahren führt de Bruin im Zentrum Venlos einen kleinen "English Shop", in dem er vor allem Teesorten aller Art verkauft. Für wen er heute bei der Wahl stimmen wird, kann er noch nicht genau sagen. Die linksliberalen Demokraten (D66) und Grün-Links sind in der engeren Auswahl. Wilders' "Freiheitspartei" PVV wird es aber definitiv nicht: "Die Grenzen dichtmachen? Das ist doch unsinnig", sagt de Bruin und spielt damit auf eines der zentralen Wahlkampfversprechen des Rechtspopulisten an.

Auch Astrid Birsak kann Wilders nicht viel abgewinnen. Die Buchhändlerin gibt zwar zu: "Er spricht die Dinge an." Doch Lösungen habe er nicht parat. Sie will den Spitzenkandidaten von Grün-Links, Jesse Klaaver, unterstützen: "Er ist jung, er strahlt Idealismus aus. Ich denke, ich gebe ihm eine Chance." Zuvor habe sie stets die sozialdemokratische Arbeiterpartei (PvdA) gewählt.

"Mir gefällt seine Art überhaupt nicht"

Geert Wilders wurde am 6. September 1963 in Venlo geboren. Sein Vater arbeitete als stellvertretender Direktor bei Océ, heute eines der weltweit führenden Unternehmen im Bereich Digitaldruck. Wilders' Mutter stammte aus Sukabumi (Niederländisch-Indien). Sie war Hausfrau. Die Schulzeit beendete Wilders mit einem Havo-Abschluss — vergleichbar mit der deutschen Fachhochschulreife.

Im Anschluss arbeitete er in einer deutschen Gurkenfabrik nahe der Grenze. Mit dem dort verdienten Geld bereiste er zwei Jahre lang den Nahen Osten. Zurück in den Niederlanden ließ er sich zum Versicherungskaufmann ausbilden. Er trat 1990 der rechtsliberalen Volkspartei VVD bei, 2004 kam dann der Bruch mit der Partei. Laut seinem Bruder Paul war Geert Wilders schon als Jugendlicher ein "fürchterlicher Plagegeist, egozentrisch und aggressiv".

"Mir gefällt seine Art überhaupt nicht", sagt heute auch die junge Mutter Hanneke Brands. Die Sonne hat mittlerweile immer mehr Touristen auf den Alten Markt in Venlo gelockt. Wen sie statt Wilders wählen will, weiß Hanneke Brands noch nicht genau. Vermutlich die VVD von Ministerpräsident Mark Rutte oder die stark linksgerichtete SP. Das politische Spektrum der beiden Parteien könnte in vielen Bereichen unterschiedlicher nicht sein, doch verträten beide gewisse Standpunkte, mit denen sie etwas anfangen könne, erklärt Hanneke Brands.

Viele Niederländer noch unentschlossen

Ihre Unentschlossenheit darüber, wen man wählen soll, teilen viele Niederländer. 70 Prozent der Stimmberechtigten wussten bis Anfang der Woche noch nicht, welcher Partei sie ihre Stimme geben wollen, ergab eine Untersuchung des Instituts I&O Research.

Einer ist sich dagegen sicher: Roland Peeters wird Grün-Links wählen. Der Fokus der Partei auf die Umwelt spricht ihn an. "Ich finde es wichtig, dass wir die Welt in einem guten Zustand an unsere Kinder weitergeben." Das Zusammenleben spielt für Roland Peeters eine wichtige Rolle, gerade in Zeiten wie diesen. Geert Wilders trage mit seinem Populismus und seiner Polarisierung nicht dazu bei. "Er entzweit die Menschen", dabei sei genau das Gegenteil erstrebenswert.

Wer am Mittwochabend in den Niederlanden zur stärksten Kraft gewählt wird, ist noch nicht abzusehen. Nach der neuesten Prognose von I&O Research wäre die VVD in der stark zersplitterten Parteienlandschaft mit 18 Prozent klarer Wahlsieger, dahinter kämen D66 und Grün-Links (beide rund 13 Prozent). Die PVV stünde bei gut zehn Prozent. Am Montag lagen VVD und PVV in einer anderen Umfrage noch gleichauf bei 16 Prozent. Die Wahllokale schließen um 21 Uhr.

(jaco)
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