Stichwahl in Frankreich So mächtig ist der französische Präsident

Paris · Seit 8 Uhr am Morgen läuft in Frankreich die Stichwahl um die Präsidentschaft. Rund 47 Millionen Franzosen sind aufgerufen, sich zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen zu entscheiden. Die letzten Wahllokale schließen um 20 Uhr.

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Impressionen aus Frankreichs Wahllokalen

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Foto: rtr, JS/MAT

Der links-liberale unabhängige Macron gilt als klarer Favorit. Er lag zuletzt in Umfragen bis zu 24 Prozentpunkte vor seiner Konkurrentin Le Pen vom rechtsextremen Front National. Bis zur Schließung der letzten Wahlbüros gilt in Frankreich eine Nachrichtensperre für Prognosen und erste Auszählungen. In einigen französischen Überseegebieten stimmten die Wähler wegen der Zeitverschiebung bereits am Samstag ab.

Die Wahlbeteiligung liegt bis zum Mittag bei 28,23 Prozent und ist damit geringer als bei der Stichwahl vor fünf Jahren. Das geht aus Zahlen des Innenministeriums hervor. Im Vergleich mit der erste Runde der Wahl vor zwei Wochen liegt sie aber in etwa gleichauf.

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Nackter Femen-Protest gegen Le Pen

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Foto: afp

Von allen Staatsoberhäuptern der Europäischen Union hat der französische Präsident die wohl größten Vollmachten - häufig ist deswegen von einem "republikanischen Monarchen" die Rede. Seine starke Stellung verdankt er der Verfassung der 1958 gegründeten Fünften Republik, deren erster Präsident General Charles de Gaulle war. Der Staatschef wird in Frankreich seit 1965 direkt vom Volk gewählt und kann ein Mal wiedergewählt werden. Seit 2002 beträgt seine Amtszeit fünf statt wie zuvor sieben Jahre.

Die Macht des französischen Präsidenten

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Foto: dpa, TH

Frankreichs Staatschef ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und hat in der Verteidigungs- und Außenpolitik das Sagen. Er kann Soldaten ohne Parlamentsbeschluss in Auslandseinsätze schicken, erst bei einer Dauer von mehr als vier Monaten bedarf es der Zustimmung der Parlamentarier. Außerdem verfügt der Präsident über die Geheimcodes zum Einsatz von Atomwaffen.

Der Staatschef ernennt den Premierminister und auf dessen Vorschlag die übrigen Minister, leitet die wöchentlichen Kabinettssitzungen und nimmt Ernennungen für die wichtigsten Staatsämter vor. Er unterschreibt Gesetze, kann Dekrete erlassen und in bestimmten Fragen ein Referendum anordnen. In Krisenzeiten kann er den Notstandsartikel 16 anwenden, der ihm nahezu uneingeschränkte Vollmachten gibt, oder wie nach den Anschlägen vom 13. November 2015 den Ausnahmezustand verhängen.

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Foto: rtr, SAA/

Der Staatschef ist gegenüber dem Parlament nicht verantwortlich und kann die Nationalversammlung auflösen. Durch eine 2007 beschlossene Verfassungsänderung ist er im Amt vor Strafverfolgung ausdrücklich geschützt. Das Parlament kann den Präsidenten nur bei schweren Amtsverfehlungen mit Zweidrittelmehrheit absetzen.

Seine Macht wird jedoch eingeschränkt, wenn er keine eigene Mehrheit in der Nationalversammlung hat und der Premierminister deswegen aus einem anderen politischen Lager kommt. Eine solche Kohabitation gab es bereits drei Mal, zuletzt 1997 bis 2002. Damals musste der konservative Staatschef Jacques Chirac mit dem sozialistischen Premierminister Lionel Jospin auskommen.

Dass es seit 2002 keine Kohabitation mehr gab, hat einen einfachen Grund: Seitdem wird die Nationalversammlung immer im gleichen Jahr gewählt wie der Präsident. Und die Franzosen haben ihrem gewählten Präsidenten seitdem immer auch eine Parlamentsmehrheit verschafft.

Die Handlungsmöglichkeiten des Präsidenten sind außerdem durch die Mitgliedschaft Frankreichs in der EU und der Eurozone beschränkt. Viele wichtige Entscheidungen werden nicht mehr auf nationaler Ebene, sondern auf EU-Ebene getroffen - und da ist der französische Präsident nur einer unter vielen.

(felt/REU/AFP/dpa)
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