Am 4. November ist Wahltag Was man zu den US-Kongresswahlen wissen muss
Washington · Die USA sind wieder im Wahlkampffieber. Am 4. November wählen die Amerikaner einen großen Teil ihres Bundesparlaments neu. Bei den Kongresswahlen wird zwar kein Präsident bestimmt. Aber auch bei den "Midterms" gibt es viel politischen Sprengstoff. Was man zu den Wahlen wissen muss, haben wir einmal zusammengestellt.
Im Vorfeld der Kongresswahlen zeichnet sich eine zunehmende Desillusionierung der Wähler in den USA ab. Das zumindest legte jüngst eine Umfrage des Politik-Portals "Politico" nahe. Trieb 2010 noch die Diskussion über Präsident Barack Obamas Gesundheitsreform die Bürger an die Wahlurnen, so gibt es dieses Mal kein einzelnes Thema, dass die Abstimmung dominieren könnte. Stattdessen dürften die Wähler eine allgemeine Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen, wenn sie am 4. November ihre Stimmen abgeben.
Was wird gewählt?
Der Kongress in Washington besteht aus zwei Kammern. Das Repräsentantenhaus mit seinen 435 Sitzen wird alle zwei Jahre komplett neu gewählt, so auch in diesem November. Die 100 Mitglieder im Senat werden hingegen für sechs Jahre bestimmt. Alle zwei Jahre wird rund ein Drittel dieser Senatoren neu gewählt. Diesmal stehen 36 Sitze im Senat zur Disposition.
Was macht der Kongress?
Seine Hauptaufgabe ist die Gesetzgebung auf Bundesebene. Stimmen beide Kammern einem Gesetzesentwurf zu, geben sie ihn an den Präsidenten zur Inkraftsetzung weiter. Der Kongress hat viele weitere Aufgaben: Nur er kann etwa formell einen Krieg erklären oder den Staatsetat aufstellen. Der Senat muss zudem wichtige Personalentscheidungen des Präsidenten absegnen.
Wird jetzt auch der Präsident gewählt?
Nein, die Präsidentenwahl findet alle vier Jahre statt. Barack Obama wurde 2012 wiedergewählt. 2016 wird sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin bestimmt. Die Kongresswahlen in diesem Jahr finden also mitten in seiner zweiten Amtszeit statt und heißen daher auch "Midterm elections" oder "Midterms" (Zwischenwahl).
Welche Bedeutung haben die Kongresswahlen diesmal?
Es geht vor allem um Obamas weitere Regierungsfähigkeit. Die ist bereits jetzt eingeschränkt, weil er kaum noch Gesetze durch den Kongress bringen kann. Seine eigene Partei, die Demokraten, haben zwar die Mehrheit im Senat. Die Republikaner dominieren aber das Repräsentantenhaus. Verlöre Obama nun auch die Senatsmehrheit, könnte er ohne die Zustimmung der Konservativen nicht einmal mehr festlegen, wer hohe Ämter in seiner Regierung, bei wichtigen Behörden oder in der Justiz bekommt.
Können die Demokraten den Senat halten?
Die Meinungsforscher sagen: nein. Derzeit gibt es 53 demokratische Senatoren und zwei unabhängige, die meist mit den Demokraten stimmen. Die Republikaner haben 45 Sitze. Sie müssten also sechs Sitze bei dieser Kongresswahl hinzugewinnen, um auch im Senat das Sagen zu haben. Laut der "New York Times" liegt die Wahrscheinlichkeit bei 70 Prozent, dass die Republikaner das schaffen. Die "Washington Post" meinen sogar, es sei zu 95 Prozent sicher.
Wie lange dauert es, bis das Ergebnis feststeht?
Die ersten Wahllokale öffnen an der amerikanischen Ostküste um Dienstag, 4. November, um 12 Uhr MEZ. Die letzten Lokale schließen in Alaska und Hawaii am Mittwoch um 6 Uhr MEZ. Sicher ist: Die Amerikaner werden am 4. November eine lange Wahlnacht erleben. Zwar schließen die ersten Wahllokale an der Ostküste am Mittwoch um 1.00 Uhr MEZ. Bereits kurz danach dürften die großen TV-Sender erste Nachwahlbefragungen und Hochrechnungen präsentieren. Doch in mindestens zehn Staaten dürfte das Rennen zwischen Republikanern und Demokraten um einen Sitz im Senat knapp ausfallen.
Welche Rennen sind bei der Senatswahl am spannendsten?
In manchen Bundesstaaten sind die Umfragen relativ ausgeglichen, darunter New Hampshire, North Carolina, Kansas, Iowa, Alaska, Colorado und Arkansas. Bei einem drohenden Patt zwischen Demokraten und Republikanern im Senat richten sich zudem die Blicke auf Louisiana und Georgia. In beiden Staaten muss ein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten. Sonst käme es erst im Dezember oder Januar zu Stichwahlen.
Kann Obama vielleicht das Repräsentantenhaus zurückgewinnen?
Das gilt als aussichtsloses Unterfangen. Die große Kongresskammer bleibt nach allgemeiner Einschätzung in der Hand der Republikaner. Derzeit stellen sie 233 Abgeordnete, die Demokraten 199. Drei Sitze sind vakant. Obamas Partei müsste den Konservativen also 17 Sitze abringen, um die Mehrheit zu erlangen. Stattdessen sieht es so aus, als würden die Demokraten eher noch Sitze verlieren.
Warum sind die Republikaner so stark?
Von einer Stärke der Konservativen sprechen die wenigsten, eher von der Schwäche der Demokraten. Das liegt vor allem an ihrem Präsidenten Obama. Knapp 42 Prozent der Amerikaner sind mit seiner Arbeit zufrieden, errechnete das Portal Real Clear Politics. Einen schlechteren Wert erzielte er in seiner Präsidentschaft selten.
Ist allein Obama an der Misere schuld?
Nein. Bei den "Midterms" bekommt häufig die regierende Partei einen Denkzettel von den Wählern. Erschwerend für die Demokraten kommt hinzu, dass eine für sie wichtige Wählergruppe — junge Leute und Minderheiten — eher von den Wahlurnen wegbleiben, wenn es keinen neuen Präsidenten zu bestimmen gibt. Zudem stehen diesmal viel mehr Sitze im Senat zur Wahl, die derzeit Demokraten innehaben, nämlich 21 der 36. In zwei Jahren dagegen werden deutlich mehr Republikaner als Demokraten um ihren Sitze bangen müssen, so dass der Senat 2016 auch wieder an die Demokraten zurückgehen könnte.
Um was geht es sonst noch?
Außerdem stehen 38 der 55 Gouverneure in den USA zur Wahl, unter anderen in großen und wichtigen Staaten wie Kalifornien, Texas, Florida und New York. Die Gouverneure sind Staats- und Regierungschefs der Bundesstaaten — nicht selten ist der Job ein gutes Sprungbrett, um später Präsident zu werden. Zudem werden am 4. November auch in 173 Städten Bürgermeister bestimmt. Die meisten Städte sind außerhalb der USA eher unbekannt. Doch auch in der Hauptstadt Washington sind die Bürger zur Urne gerufen.