Bericht in Berlin vorgestellt Welthunger-Index offenbart alarmierende Ergebnisse

Berlin · Klimawandel, Kriege und wirtschaftliche Ungleichheit erschweren den Kampf gegen die Unterernährung. Die Ergebnisse des neuen Welthunger-Index sind alarmierend. Entwicklungshelfer sehen die neue Bundesregierung in der Pflicht, schnell zu handeln.

 Ein schwer unterernährtes Kind aus Mali (Archiv).

Ein schwer unterernährtes Kind aus Mali (Archiv).

Foto: dpa, lof

Bis 2030 sollen auf der Welt keine Menschen mehr hungern müssen. Auf dieses Ziel hatten sich die 193 Länder der Vereinten Nationen 2015 geeinigt. Bereits damals galt dieses Ziel als ambitioniert.

Aktuelle Untersuchungen zeigen: Wenn es so weiter geht, bleibt Hunger und Unterernährung auch nach 2030 ein dringliches Problem. Kriege, Ungleichverteilung von Ressourcen und besonders der Klimawandel sorgen dafür, dass die Zahl der Menschen, die hungern, wieder steigt. Die Welthungerhilfe mit Sitz in Bonn warnt deshalb vor Rückschlägen im Kampf gegen die Unterernährung. "All unsere bisherigen Erfolge werden dadurch gefährdet", sagte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, am Donnerstag in Berlin.

Laut Vereinten Nationen konnten 2016 rund 815 Millionen Menschen nicht genügend Kalorien am Tag zu sich nehmen. Mehr als jeder zehnte Mensch muss demnach hungrig schlafen gehen. "Wer Hunger leidet, wird sich auf den Weg machen", sagte Dieckmann. Dabei habe jeder Mensch ein Recht darauf, in seinem Land zu leben. Sie sieht die neue Bundesregierung deshalb in der Pflicht, schnell zu handeln.

Grund zur Sorge bereitet auch der aktuelle Welthunger-Index 2017, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach haben vor allem die Menschen in Südasien und Afrika nicht genug zu essen. Im Südsudan, Nigeria, Somalia und dem Jemen drohen sogar Hungersnöte.

In 44 Ländern, darunter Kambodscha, Indien, Guatemala, wird die Lage als "ernst" eingestuft. In sieben Ländern, darunter Madagaskar, Tschad, Sierra Leone, als "sehr ernst". Und anders als 2016 gilt in einem Land wieder oberste Warnstufe: Seit 17 Jahren hat sich die Lage in der Zentralafrikanischen Republik nicht verbessert. In 13 Ländern konnte der Index gar nicht erst berechnet werden, weil die Entwicklungshelfer die Menschen nicht erreichen konnten. Darunter die Krisenländer Syrien, Libyen und Eritrea.

Der Welthunger-Index bewertet die Ernährungslage in 119 Ländern anhand verschiedener Kennzahlen. Drei davon blicken explizit auf die Gesundheit von Kindern: Untergewicht, Wachstumsverzögerung und Sterblichkeitsrate. Hinzu kommt der Anteil der unterernährten Menschen an der Bevölkerung des Landes. Der Welthunger-Index wird jedes Jahr vom Internationalen Forschungsinstitut für Ernährungs- und Entwicklungspolitik als Maß für die weltweite Hungersnot ermittelt.

Dabei gibt es auch Länder, in denen es den Menschen heute besser geht. Das schon im Jahr 2000 festgesetzte Ziel der Vereinten Nationen, den Anteil der hungernden Weltbevölkerung bis 2015 zu halbieren, war erfolgreich. Und auch der Index 2017 zeigt im Gesamtbild eine positive Tendenz. Die Werte sind weltweit seit 2000 um ein Viertel gesunken. In 14 Ländern sogar um mindestens 50 Prozent, etwa dem Senegal, Brasilien und Peru.

Wie fragil diese Verbesserung jedoch ist, zeigt das Beispiel Kenia: Das Land verzeichnete in den vergangenen Jahren ein konstantes Wirtschaftswachstum. Durch die diesjährige Dürre gilt die Lage dort weiterhin als ernst. "Selbst wenn wir die Konflikte in den Griff bekommen, werden diese Länder wegen der klimatischen Veränderung besonders gefährdet sein", sagte Dieckmann.

Die neue Bundesregierung müsse die 17 Nachhaltigkeitsziele aus der Agenda 2030, darunter auch der Kampf gegen Armut, Diskriminierung von Frauen und schlechte Arbeitsbedingungen, zeitnah umsetzen, forderte sie. "Nur durch verstärkte Anstrengungen können wir unsere Verpflichtung, den Hunger bis 2030 zu besiegen, einhalten."

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