Journalisten veröffentlichen "Regelbuch" der Regierung Wie US-Bürger und Ausländer in der US-Terrordatenbank landen

Washington · Die Terror-Datenbank der USA hat in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen erfasst. Wie genau US-Bürger und Ausländer allerdings auf die Liste gelangen, das hat die Regierung bislang streng geheim gehalten. Doch nun haben US-Journalisten das "Regelbuch" dazu veröffentlicht. Es zeigt, dass weder "konkrete Fakten" noch "unumstößliche Beweise" nötig sind, um seinen Namen auf der Liste wiederzufinden.

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Foto: dpa, nar cul

Als ein Amerikaner im Mai wissen wollte, wie sein Name auf die "No Fly"-Liste der USA gelangt war, verteidigte US-Justizminister Eric Holder die Geheimhaltung der Kriterien für die Terror-Datenbank damit, dass eine Veröffentlichung die nationale Sicherheit gefährden könnten. Nun aber hat die von Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald gegründete Webseite "The Intercept" diese Kriterien veröffentlicht.

166 Seiten ist das Regelbuch dick und zeigt, dass keine "unumstößlichen Beweise" nötig sind, sondern lediglich ein "begründeter Verdacht" ausreicht, um in die Terrordatenbank zu gelangen. Aus dieser Datenbank stammen auch die Namen für jene "No Fly"-Liste, auf der Namen von Menschen stehen, die nicht mit Flugzeugen fliegen dürfen, die in den USA starten oder auch landen. Wie "The Intercept" schreibt, werden in der Datenbank nicht nur "bekannte Terroristen" sondern auch "mutmaßliche Terroristen" aufgeführt. Demnach könnten US-Bürger oder Ausländer bereits darauf landen, wenn sie verdächtigt würden, ein Terrorist zu sein oder etwas mit einem Terroristen zu tun zu haben.

Bürgerrechtsorganisation: "Gefährliche Theorie"

"Statt die Liste auf aktuell bekannte Terroristen zu beschränken, hat die Regierung ein weitreichendes System geschaffen, das auf der irrigen Annahme basiert, man könne vorhersagen, ob eine Person in der Zukunft einen terroristischen Akt ausführen wird", sagte Hina Shams von der Bürgerrechtsorganisation Aclu der Webseite. "Aufgrund dieser gefährlichen Theorie setzt die Regierung Menschen als potenzielle Terroristen auf die Schwarze Liste und macht es ihnen unmöglich, sich selbst als unschuldig darzustellen."

Laut der Webseite umfassen die Kriterien, wann man als Terrorist oder möglicher Terrorist gilt, nicht nur die Planung von Flugzeugentführungen oder Bombenattentaten, sondern etwa auch die Zerstörung von Regierungseigentum oder von Computern, die von Finanzinstitutionen genutzt würden. Zudem werde mit Terrorismus darin jeder Akt definiert, der "gefährlich" für das Eigentum der Regierung sei oder der die Regierungspolitik durch Einschüchterung beeinflussen könne.

"Wenn der begründete Verdacht das einzige Merkmal ist, das nötig ist, um einen Menschen zu benennen, dann ist es eine wackelige Angelegenheit, weil dann jeder genannt werden kann", sagte David Gomez, ein früherer FBI-Agent der Webseite. "Bloß weil du auf der Telefonliste von jemandem landest, bist du noch kein Terrorist. Aber das ist die Art von Informationen, die dort genutzt werden."

Auch unbeteiligte Familieangehörige

Wie die Webseite weiter schreibt, verbietet das Regelwerk eigentlich, aufgrund von unseriösen Informationen einen Menschen in die Datenbank aufzunehmen. Allerdings würden "unbestätigte" Facebook- oder Twitter-Posts ausgenommen. Diese Informationen, so zitiert "The Intercept" aus dem Regelwerk, sollten nicht automatisch ausgeschlossen werden, sondern zunächst die Glaubwürdigkeit der Quelle geprüft werden.

Zudem könnten dort auch Familienangehörige von möglichen Terroristen landen, auch wenn es bei ihnen selbst überhaupt keine Anzeichen gebe, dass sie irgendetwas mit Terrorismus zu tun hätten. Ebenso könne dies für Bekannte eines verdächtigen Terroristen gelten, auch wenn man über dessen Aktivitäten gar nichts weiß. Auch könnten in die Datenbank Menschen aufgenommen werden mit einer "möglichen Verknüpfung" zum Terrorismus, von denen man aber nicht genügend Informationen habe, um dies zu belegen.

Amerikaner und Ausländer könnten demnach in der Datenbank mit einer Terrororganisation in Verbindung gebracht werden, selbst wenn die betreffende Gruppe gar nicht als Terrororganisation durch die Regierung eingestuft wurde. Und nicht zuletzt würden Tote nicht automatisch aus der Datenbank gelöscht, heißt es in dem Bericht weiter, denn es bestünde die Möglichkeit, dass Terroristen die Identität des Verstorbenen weiter nutzten.

(das)
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