Gedenken an Opfer der Nationalsozialisten Wirbel um Netanjahus Holocaust-Rede

Jerusalem · Mit den traditionellen zwei Schweigeminuten hat Israel der von den Nationalsozialisten ermordeten sechs Millionen Juden gedacht. Um 10 Uhr ertönte im ganzen Land ein Sirenensignal; das öffentliche Leben kam zum Erliegen.

Günter Grass - Thesen und Fakten zum Israel-Gedicht
Infos

Günter Grass - Thesen und Fakten zum Israel-Gedicht

Infos
Foto: dapd, JENS MEYER

Bei der zentralen Feierstunde in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem legten Präsident Schimon Peres, Premierminister Benjamin Netanjahu, Vertreter von Armee, Polizei und Justiz sowie Überlebenden-Organisationen Kränze nieder. Anschließend wurden in Yad Vashem und im Parlament die Namen Ermordeter verlesen.

Das offizielle Holocaust-Gedenken hatte bereits am Vorabend mit einer Zeremonie in Yad Vashem begonnen. Unter anderem entzündeten Holocaust-Überlebende Fackeln. Scharfe Töne schlug dann Netanjahu an: Seine Rede stand ganz im Zeichen des Atomstreits mit Israels größtem Feind, dem Iran. Israel und seine Verbündeten verdächtigen das Regime in Teheran, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms an Nuklearwaffen zu arbeiten. Seit Monaten wird spekuliert, Israel plane einen Präventivschlag, um das iranische Atomprogramm zu stoppen.

Netanjahu sagte, Israel sehe sich heute "wieder Aufrufen gegenüber, den jüdischen Staat zu vernichten". Zugleich wies er die Kritik zurück, er verharmlose den Holocaust, wenn er die nukleare Bedrohung aus Teheran mit der israelischen Staatsräson in Verbindung bringe, nie wieder Opfer zu werden: "Sich vor der unbequemen Wahrheit wegzuducken, das bedeutet, den Holocaust zu verharmlosen, das bedeutet, die Opfer zu beleidigen, und das bedeutet, die Lehren daraus zu ignorieren."

Die Kritik kam prompt: Oppositionspolitikerin und Ex-Außenministerin Tzipi Livni nannte Netanjahus Rhetorik unangebracht, und der ehemalige Generalstabschef Dan Halutz warnte davor, mit "holocaust-ähnlichen Andeutungen" das Land in Angst zu versetzen. Der Nobelpreisträger und Auschwitz-Überlebende Elie Wiesel sagte: "Iran kann kein zweites Auschwitz verursachen."

Netanjahus Auftritt wurde auch in Yad Vashem selbst zum Teil mit Befremden aufgenommen — die Gedenkstätte legt großen Wert auf ihre politische Unabhängigkeit.

(RP/csi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort