Ukrainer wünschen sich ein Ende des Krieges Putin beim Papst - doch kaum Hoffnung auf ein Einlenken

Kiew · Kreml-Chef Putin besucht den Papst, und die Welt schaut hin. In Kiew freilich rechnet kaum jemand damit, dass die Begegnung den Konflikt in der Ostukraine beendet. Ein Bischof wirft Putin sogar "Heuchelei" vor.

Wladimir Putin trifft Papst Franziskus zum ersten Mal
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Wladimir Putin trifft Papst Franziskus

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Kann der Papst den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine stoppen? Am Mittwochnachmittag empfängt Franziskus im Vatikan Kreml-Chef Wladimir Putin. Russlands Präsident will dabei über die Lage in der Ukraine sprechen, wie sein Berater Juri Uschakow am Dienstag in Moskau ankündigte. Doch bei Katholiken in der ukrainischen Hauptstadt Kiew weckt das Treffen keine großen Hoffnungen. Dass Putin einlenkt, glaubt hier kaum jemand.

Die meisten Ukrainer machen Russlands Staatschef für die Gefechte im Osten ihres Landes verantwortlich. Rund 6.400 Menschen kamen nach aktuellen Angaben der Vereinten Nationen seit Beginn der Kämpfe zwischen Separatisten und Regierungstruppen im April 2014 ums Leben; rund 16.000 wurden verletzt. Fast täglich gibt es neue Tote.

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Die Kiewerin Olena Noha bezweifelt, dass die Begegnung des Kirchenoberhaupts mit Putin eine Wende bringt. "Papst Franziskus wird von diesem Treffen enttäuscht sein, weil er Putin kaum überzeugen kann", meint die 35-jährige Mitarbeiterin der katholischen Caritas. "Putin will mit seinem Besuch nur zeigen, dass er ein cooler Typ ist. Ich glaube nicht, dass er den Papst besucht, um seinen Rat einzuholen." Einige ihrer Bekannten hoffen allerdings, dass die "ganz besondere Spiritualität des Papstes Putin nachdenklich macht", sagt Noha. Eines sei klar: "Alle wollen, dass die Ukraine ein geeinter Staat ist."

Auf Verwunderung stößt in Kiew, dass Russlands Präsident laut seinem Berater Uschakow mit Franziskus erörtern will, wie man die bedrohten Christen im Nahen Osten beschützen kann. "Das ist sicher ein positiver Wunsch", sagt der griechisch-katholische Weihbischof Bogdan Dziurach. Zugleich stellt er jedoch infrage, ob Putin das Schicksal der Christen tatsächlich am Herzen liegt. "Es ist meiner Meinung nach eine politische Heuchelei, sich als Verteidiger der verfolgten Christen im Nahen Osten darstellen zu wollen und gleichzeitig am Mord der Christen in einem Nachbarstaat direkt oder indirekt beteiligt zu sein", sagt der 48-jährige Sekretär der Bischofssynode.

Wie man ein Handy-Foto mit Papst Franziskus macht
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Russland liefere Waffen und unterstütze Tausende Söldner in der Ostukraine. Man dürfe nicht zulassen, dass Politiker das Leiden vieler unschuldiger Menschen für eigene politische Zwecke ausbeuteten und missbrauchten, statt Konflikte zu vermeiden und friedlich zu lösen, so der Bischof. Franziskus werde von vielen Menschen in der ganzen Welt "als Fürsprecher der Unterdrückten und Verteidiger der Verfolgten" geschätzt. "Deshalb bin ich sicher, dass er sich auch beim Treffen mit Herrn Putin auf die Seite der Opfer stellt und für sie spricht."

Als Anwalt der Christen sieht die Mehrheit der Ukrainer Putin nicht.
Längst hat sich herumgesprochen, mit welchen Problemen Kirchen auf der im März 2014 von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim zu kämpfen haben. Etliche katholische und orthodoxe Priester sind seither in die Ukraine geflohen, weil sie von den neuen Machthabern bedroht und Gotteshäuser beschlagnahmt wurden. Glaubensgemeinschaften klagen über Schikanen bei ihrer von Moskau geforderten Neuregistrierung.

Auch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte kritisierte zuletzt die russischen Auflagen für Glaubensgemeinschaften auf der Krim - wenn auch in diplomatischem Ton. "Mit Sorge" stellt es im neuesten Bericht zur Lage in der Ukraine fest, "dass die Pflicht der Religionsgemeinschaften, sich nach russischem Recht zu registrieren, sowie die strengen Anforderungen des Verfahrens und deren langwierige Überprüfung die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit von Hunderttausenden Krim-Bewohnern nachteilig beeinflusst" habe. Ohne die staatliche Zulassung dürften Kirchen vom Staat keine Gebäude mieten, niemanden anstellen oder ausländische Geistliche einladen.

Bis heute gelang es der römisch-katholischen und der griechisch-katholischen Kirche auf der Krim nicht, sich bei den Behörden zu registrieren. Vielleicht bringt Putins Besuch im Vatikan zumindest bei diesem Thema Bewegung.

(KNA)
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