Juristen streiten über Verfassung Wladimir Putin denkt über weitere Amtszeit nach

Moskau · Der russische Präsident erwägt, 2018 erneut zu kandidieren. In Deutschland ist derweil ein Streit über die Russland-Politik entbrannt.

Russlands Präsident Wladimir Putin kann sich vorstellen, im Jahr 2018 erneut für das höchste Staatsamt anzutreten. "Ja, die Möglichkeit besteht, dass ich erneut als Kandidat antrete. Ob dies geschieht, weiß ich noch nicht", sagte Putin in einem Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur TASS. Seit der Invasion der Krim liegen die Zustimmungsraten für den 62-jährigen Kremlchef bei über 80 Prozent. Insofern ist es als lautstarkes Zögern zu werten, wenn sich Putin in dem Interview ein wenig ziert. Dass die russische Verfassung eine erneute Kandidatur erlaube, bedeute "absolut nicht", dass er auch kandidieren werde. "Ich werde den allgemeinen Kontext anschauen, meine inneren Gefühle, meine Stimmung", so der Präsident, dessen Amtszeit bis 2018 läuft.

Die russische Verfassung erlaubt dem Staatsoberhaupt maximal zwei Amtsperioden in Folge. Putin, der bereits von 2000 bis 2008 Präsident war, hatte diesen Passus mit einem geschickten Schachzug umgangen. Am Ende seiner zweiten Amtszeit wechselte er die Posten mit Regierungschef Dmitri Medwedew, arbeitete vier Jahre als Premier und kehrte 2012 in den Kreml zurück. Ob das verfassungsgemäß ist, darüber gibt es unter russischen Juristen unterschiedliche Ansichten. Da mittlerweile die Amtszeit des Präsidenten von vier auf sechs Jahre verlängert wurde, könnte Putin bei einer Wiederwahl 2018 die Geschicke Russlands bis zum Jahr 2024 lenken. Er wäre dann 72 Jahre alt.

Selbst wenn momentan alles auf diese lange Regentschaft hinauszulaufen scheint, schloss Putin einen Verbleib im Präsidentenamt auf Lebenszeit aus. "Dies ist falsch für das Land, es ist schädlich, ich brauche das nicht", sagte der Kremlchef. Der Interviewer der kremltreuen Nachrichtenagentur TASS konnte sich die anbiedernde Bemerkung nicht verkneifen, dass es wohl kaum große Volksaufstände geben würde, wenn Putin die Monarchie ausrufen ließe.

Auf die Frage nach seiner Gesundheit antwortete Putin mit einer kolloquialen Phrase, die sich mit "da können Sie lange warten (bis es mir schlecht geht)" übersetzen lässt. Die "New York Post" hatte vor kurzem berichtet, Putin sei angeblich an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt. Quellen für diese Information legte das Blatt jedoch nicht vor. Putins Sprecher Dmitri Peskow dementierte später, dass der Kremlchef erkrankt sei.

Putin sagte, er treibe weiterhin täglich Sport, nur dann nicht, wenn er auf Dienstreisen sei. Außerdem trinke er lieber Tee als Champagner. Über sein Privatleben äußerte Russlands Präsident, er treffe sich regelmäßig mit seinen Töchtern. Diese lebten beide in Moskau. Die Putin-Töchter Maria (29) und Jekaterina (28), die in Moskau die deutsche Schule besuchten, treten öffentlich nie in Erscheinung. Es gibt auch keine aktuellen Fotos der beiden jungen Frauen. In Russland halten sich hartnäckig Gerüchte, beide Töchter seien mit Ausländern verheiratet und lebten in Großbritannien, den Niederlanden oder Deutschland. Putins Ehe mit seiner Frau Ljudmila wurde 2013 geschieden.

Im selben Interview betonte Putin, zu seinen Freunden gehörten keineswegs nur "Milliardäre". Nach dem Anschluss der Krim an Russland hatten die USA und die EU gegen mehrere russische Geschäftsleute aus Putins Umgebung, so etwa gegen Gennadi Timtschenko und die Brüder Arkadi und Boris Rotenberg, ein Einreiseverbot verhängt. Ihre Vermögen im Westen wurden eingefroren. Dies sei ein Denkfehler, so Putin. "Die sagen: Das sind die Freunde Putins, die muss man be-strafen, dann rebellieren sie, es gibt einen Aufstand auf dem Schiff." So funktioniere das aber nicht, denn er habe keine persönlichen Geschäftsinteressen, die ihn mit den Unternehmern auf der schwarzen Liste verbinden. Die Milliardäre Arkadi und Boris Rotenberg waren einst Putins Trainingspartner beim Judo. Als kürzlich ein italienisches Gericht die Konfiszierung von Arkadi Rotenbergs Immobilien anordnete, verabschiedete die Duma einen neuen Gesetzesentwurf. Das im Volksmund "Gesetz über Rotenbergs Villen" getaufte Projekt sieht vor, dass russische Staatsbürger, die durch eine "gesetzwidrige" Entscheidung ausländischer Gerichte Nachteile erleiden, aus der russischen Staatskasse entschädigt werden können.

Derweil verschärft Kanzlerin Angela Merkel (CDU) weiter ihre Kritik an Putins Politik. Nachdem sie am Rande des G20-Gipfels in Australien Russland vorgeworfen hatte, das internationale Recht mit Füßen zu treten, wurde gestern bekannt, dass das deutsch-russische Gesprächsforum "Petersburger Dialog" eine neue Führung erhalten soll. Durch die Umstrukturierung solle die enge Verbindung des Dialogs mit dem Deutsch-Russischen Forum, das vom ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck geleitet wird, getrennt werden. Platzeck würde damit an Einfluss verlieren. Er war kürzlich wegen Äußerungen in die Kritik geraten, wonach die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim völkerrechtlich geregelt und damit anerkannt werden solle.

(RP)
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