Ukraine-Gipfel in Paris Putin protzt mit Limousine — und hält sich bedeckt

Paris · Eigentlich sollte ein neues Treffen mit Russlands Präsident Putin Fortschritte im Ukraine-Konflikt bringen. Doch das Thema Syrien ließ die Ukraine in den Hintergrund treten. Und Putin gönnte sich einen großen Auftritt.

 Putin fuhr in Paris mit einer Limousine vor, die er eigens hatte einfliegen lassen.

Putin fuhr in Paris mit einer Limousine vor, die er eigens hatte einfliegen lassen.

Foto: afp, rt

Man kann von Wladimir Putin halten, was man will. Aber die Kunst des großen Auftritts beherrscht er schon. Für den neuen Ukraine-Gipfel in Paris ließ Russlands Präsident eigens seinen Wagen einfliegen.

So kam es, dass im Ehrenhof des Élysée-Palastes eine überlange Limousine deutscher Bauart protzte, die keineswegs der Kanzlerin gehörte. Angela Merkels Fahrzeug, ein Leihwagen aus französischer Produktion, vom dortigen Protokoll zur Verfügung gestellt, sah daneben recht bescheiden aus.

Dabei hätte Putin das gar nicht nötig gehabt. Derzeit gibt der Kremlchef bei internationalen Treffen auch so den Ton an. Das war bei der UN-Vollversammlung so und beim anschließenden Zweiergespräch mit US-Präsident Barack Obama. Und auch beim Vierergipfel zum Ukraine-Konflikt - dem ersten nach den großen Friedensverhandlungen Mitte Februar in Minsk - gab es keinen Zweifel, wer gerade die Hauptperson ist.

Das liegt daran, dass neben dem Dauerkonflikt in der Ukraine ein weiteres Thema auf die Tagesordnung kam: die russischen Luftangriffe in Syrien - und die Frage, was Russland mit der militärischen Einmischung eigentlich genau bezweckt. Sehr viel schlauer sind Merkel und Gastgeber François Hollande nun allerdings nicht. Der Beteuerung, dass die Aktionen nur der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gelten, schenken sie keinen allzu großen Glauben.

Die Ungewissheit hängt auch damit zusammen, dass Putins Abgang in ziemlichem Kontrast zu seinem sonstigen Auftreten stand. Nach dem nur vierstündigen Gipfel - Minsk hatte 17 Stunden gedauert - verließ Russlands Präsident den Elysée-Palast, ohne ein Wort zu sagen. Die Pressekonferenz bestritten Merkel und Hollande allein. Dabei hatten sie mit dem pompösen Festsaal eine Kulisse zur Verfügung, die auch Putins Ansprüchen standgehalten hätte.

So aber übten sich Kanzlerin und Gastgeber in der Interpretation der russischen Absichten. Grundsätzlich, so berichteten beide, sei man sich mit Putin und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko einig darin, dass im Ukraine-Konflikt der Friedensplan von Minsk weiter Grundlage für alles Andere sei. Allerdings ist die Umsetzung nach siebeneinhalb Monaten und inzwischen mehr als 8000 Toten so sehr im Verzug, dass der Fahrplan definitiv nicht mehr gehalten werden kann.

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Das bisherige Zieldatum - Ende 2015 - wurde von Hollande offiziell für obsolet erklärt. Auf der "Haben-Seite", wie Merkel das nennt, lässt sich verbuchen, dass der Waffenstillstand zwischen ukrainischen Truppen und prorussischen Kämpfern nun schon seit Anfang September hält. Am Wochenende begann tatsächlich auch der Abzug von Waffen mit einem Kaliber von unter 100 Millimeter. Merkels Bilanz: "Ich glaube, dass wir das, was heute erreichbar war, erreicht haben."

Was aber nichts daran ändert, dass man in vielen Punkten noch weit auseinander liegt. Größtes Problem sind die Lokalwahlen, die eigentlich am 25. Oktober stattfinden sollten. Die Separatisten wollen hingegen in ihren Herrschaftsgebieten am 18. Oktober und am 1. November wählen lassen - ein klarer Verstoß gegen Minsk. Ziel war eigentlich, von Putin eine Garantie zu bekommen, dass er das verhindert. Aber mehr als eine unverbindliche Zusage, seinen Einfluss geltend machen zu wollen, kam nicht.

Ähnlich vage blieben auch die Ergebnisse bei dem Thema, das zwar nicht offiziell auf der Tagesordnung stand, an dem natürlich aber niemand vorbeikam: Syrien. Merkel und Hollande betonten zwar pflichtschuldig, dass beide Konflikte "erst einmal nichts miteinander zu tun" hätten. Aber dass Putins Einsatz für Machthaber Baschar al-Assad die Dinge nicht leichter macht, versteht sich von selbst.

Unmittelbar vor dem Gipfel hatte der Westen noch eine geharnischte Erklärung veröffentlicht. Wichtigster Satz: "Diese Militäraktionen stellen eine weitere Eskalation dar und werden nur noch mehr Extremismus und Radikalisierung schüren." Solche klaren Worte gab es von Merkel und Hollande in der Pressekonferenz nicht.

Intern, so heißt es, hätten sie aber mit Nachdruck verlangt, die Angriffe strikt auf IS-Stellungen zu begrenzen. Putin habe sich gegen Vorwürfe, auch auf andere Assad-Gegner und auf Zivilisten zu zielen, sofort gewehrt. Über seinen Sprecher ließ er nach der Rückkehr nach Moskau mitteilen, Russland handele "in völligem Einklang mit dem Völkerrecht".

So blieb es Merkel und Hollande vorbehalten, Spekulationen entgegenzutreten, dass Paris und Berlin unterschiedlicher Meinung sind, was den Umgang mit Assad angeht. Die Kanzlerin sagte, es gebe "nicht die geringsten Unterschiede". Man sei sich einig darin, dass Assad "in der Zukunft nicht die Rolle spielen wird, die er in der Vergangenheit gespielt hat" und müsse nun "Übergänge finden". Hollande meinte: "Assad muss gehen, damit wir eine politische Lösung bekommen."

Wie lange das noch dauern könnte, sagten beide nicht. Von einem neuen Vierergipfeltreffen war nach den Erfahrungen von Paris keine Rede. Vereinbart wurde lediglich, dass sich nächsten Monat in Sachen Ukraine wieder die Außenminister treffen. Viel mehr als das Prinzip Hoffnung gibt es derzeit aber nicht - was den Konflikt dort angeht und erst recht, was Syrien betrifft. Die Kanzlerin fasste das in der ihr eigenen Art so zusammen: "Garantien gibt's erst, wenn's geschehen ist."

(dpa)
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