Russischer Präsident telefoniert mit Merkel Putin sieht die Ukraine "am Rande eines Bürgerkriegs"

Izyum · Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Dienstagabend in einem längeren Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel über die Krise in der Ukraine beraten. Putin sagte, die Ukraine befinde sich "am Rande eines Bürgerkriegs". Er warnte vor einer weiteren Eskalation.

Wladimir Putin - Präsident von Russland, eitel, autoritär, entschlossen
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Foto: dpa/Kremlin Pool

Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz teilte am Abend in Berlin mit, in dem Telefonat sei die aktuelle Situation in der Ukraine "ausführlich erörtert" worden. Bei "aller unterschiedlichen Bewertung der Ereignisse" habe die Vorbereitung der für Donnerstag geplante Vierer-Konferenz in Genf im Mittelpunkt des Gesprächs gestanden.

Der Kreml erklärte in der Nacht zum Mittwoch, Putin und Merkel hätten darin übereingestimmt, dass die Vierer-Gespräche von großer Bedeutung seien. Es sei die "Hoffnung" geäußert worden, "dass das Treffen in Genf ein klares Signal geben kann, damit die Situation zu einem friedlichen Rahmen zurückkehren kann".

An dem Treffen in Genf sollen die Außenminister der Ukraine, Russlands, der USA und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton teilnehmen. Moskau hatte wiederholt gewarnt, dass das Treffen im Falle einer weiteren Eskalation im Osten der Ukraine in Frage gestellt werden könnte.

Ebenso wie Putin hatte zuvor auch Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew gewarnt, die Ukraine stehe "am Rande eines Bürgerkriegs". Putin sagte dem Kreml zufolge in einem Telefonat mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, er erwarte eine "klare Verurteilung" des "verfassungswidrigen Verhaltens" Kiews durch die UNO.

Der Russlandbeaufragte der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD) machte Moskau "für die Destabilisierung der Ostukraine" verantwortlich. Die gute Organisation und Ausrüstung der Milizen in den Städten deuteten auf russische Herkunft hin, sagte er der "Passauer Neuen Presse" vom Mittwoch.

Putin müsse klarstellen, dass Moskau keine Eingliederung der Ostukraine in die Russische Föderation akzeptieren würde, sagte Erler. "Das würde die Situation vollständig verändern." Erler zufolge strebt Russland keine Einverleibung der Region an. "Moskaus Ziel ist es wohl eher, die Handlungsschwäche der Kiewer Regierung zu demonstrieren und den eigenen Forderungen zur Zukunft der Ukraine Nachdruck zu verleihen."

Nachdem in den vergangenen Tagen bewaffnete prorussische Gruppen in mehreren Städten des Ostens Verwaltungsgebäude und Polizeiwachen besetzt hatten, war am Dienstag eine Kolonne mit Panzern, gepanzerten Fahrzeugen und Bussen mit Sondereinsatzkräften auf die Stadt Slawjansk vorgerückt.

Der Vize-Kommandeur der ukrainischen Spezialkräfte (SBU), Wassil Krutow, drohte den prorussischen Milizen mit "Vernichtung", sollten sie ihre Waffen nicht niederlegen. Krutow warf Russland vor, mehrere hundert Soldaten des Militärgeheimdienstes GRU nach Slawjansk entsandt zu haben.

Im Süden von Slawjansk landeten zwei Militärhubschrauber auf einem Flughafen, um die dort stationierten Soldaten zu verstärken, wie ein Offizier sagte. Augenzeugen berichteten von Schüssen. Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow warf Russland vor, den gesamten Osten und Süden der Ukraine von Charkiw bis Odessa "in Brand stecken" zu wollen.

Die UNO wies Anschuldigungen Russlands zurück, die russischsprachige Bevölkerung in der Ostukraine sei Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden. Dafür gebe es "keine glaubhaften Beweise".

(AFP)
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