Milford Außenseiter Cruz bringt sich in Stellung

Milford · Der Republikaner ist in seiner Partei umstritten. Im Wahlkampf greift er zu ungewöhnlichen Mitteln.

Ted Cruz steht in Jeans und Freizeithemd vor einer unverputzten Ziegelmauer. Er will lässig wirken, irgendwie kumpelhaft, damit seine Zuhörer im Pasta Loft, einem rustikalen Italiener in Milford, einer Kleinstadt im Süden New Hampshires, nur ja nicht auf die Idee kommen, er sei ein Schnösel.

Cruz hat in Princeton und Harvard studiert, er war Assistent im Supreme Court in Washington und in Texas der ranghöchste Anwalt in Diensten des Staates, bevor er mit dem Rückenwind der Tea Party zum Senator gewählt wurde. Normalerweise trägt er Krawatte und scharf gebügelte Hosen, bisweilen lässt seine geschliffene Sprache den Juristen erkennen. Doch nach den ungeschriebenen Regeln amerikanischer Kampagnen glaubt ein Kandidat nun mal den Eindruck erwecken zu müssen, als würde er nichts lieber tun, als die Ärmel hochzukrempeln und ein Bier mit seinen Wählern zu trinken. Da muss eben auch Ted Cruz ein bisschen schauspielern. Aber so sehr er sich anstrengt, die Atmosphäre bleibt eher kühl.

Milford ist Kennedy-Country. Bis nach Boston, zur Hochburg des Kennedy-Clans, sind es im Auto knapp sechzig Minuten. Kommt einer aus Texas wie Cruz, hat er hier ein Auswärtsspiel zu bestreiten. Also redet der Kandidat von John F. Kennedy, als wäre der sein politischer Zwilling. "Würde JFK noch leben, wäre er Republikaner und nicht Demokrat, da bin ich mir sicher. Die heutige Demokratische Partei, die würde JFK doch teeren und federn." Der Präsident Kennedy, begründet Cruz seine These, habe sich für Steuersenkungen und einen schlanken Staat eingesetzt, "und mit den Sowjets hat er so hart geredet, wie man mit ihnen reden musste". Skeptische Mienen im Pasta Loft. Kennedy und dieser Texaner, das geht den meisten dann doch ein bisschen zu weit.

Der Mann an der Ziegelmauer versucht ein Kunststück zu vollbringen: Er will die Präsidentschaftskandidatur einer Partei gewinnen, in der er selber bislang ein Außenseiter war. Das alte Schlachtross John McCain, im Senat einer seiner Kollegen, nannte ihn einmal voller Wut einen "wacko bird", einen Verrückten. In Milford schimpft Cruz denn auf ein "windelweiches Establishment", das unbedingt einen Mann der Mitte auf den Bewerberthron hieven wolle. Habe man damit zuletzt nicht immer Schiffbruch erlitten? McCain 2008? Romney 2012? "Kandidaten der Mitte, was hat es gebracht?", wettert Cruz. Als Romney ins Rennen ging, sei die eigene Basis, seien evangelikale Christen und konservative Malocher am Wahltag zu Hause geblieben. Mit ihm, Ted Cruz, würde das nicht passieren, er wisse, wie man seine Anhänger mobilisiere. Doch wenn Cruz das Amerika des Jahres 2016 beschreibt, klingt er fast noch düsterer als Donald Trump - als würde gleich die Welt untergehen, spotten seine Kritiker.

In Milford erzählt er von seinem Vater. Rafael Cruz floh 1957, damals noch ein Teenager, aus dem Kuba des Batista-Regimes, nachdem er wegen seiner Sympathien für die Rebellen um Fidel Castro im Gefängnis gesessen hatte. Zitiert Cruz den Senior, klingt es nach akuter Alarmstimmung. "Als wir auf Kuba unterdrückt wurden, gab es ein Land, in das ich fliehen konnte. Wohin aber gehe ich, wenn wir hier unsere Freiheit verlieren?"

(RP)
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