Bahn-Chaos noch bis Ende August

Berlin · Verkehrsminister Ramsauer und die Bahn-Spitze geraten wegen der Vorgänge in Mainz unter Druck. Unterdessen fordert die SPD einen Verzicht des Bundes auf Bahn-Dividende.

Das Bahn-Chaos in Mainz wird vorerst noch anhalten: Erst am 30. August kann die Bahn den regulären Zugbetrieb am Mainzer Hauptbahnhof wieder aufnehmen, wie sie gestern ankündigte. Allerdings will die Bahn bis dahin flexibler auf Personalengpässe reagieren. Ab diesem Samstag gilt in Mainz nur an Wochenenden wieder der normale Fahrplan, ab kommendem Montag dann auch nachts. Zum Schulbeginn von Montag an sollen zwischen sechs und acht Uhr dann 85 Prozent der Züge fahren, zwischen acht Uhr und 20 Uhr aber weiter nur 60 Prozent.

Die Bahn kündigte Verbesserungen nach einem Treffen mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) an. Heute will die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG mit Bahn-Chef Rüdiger Grube über die Personallage beraten. Dafür hat Grube seinen Urlaub abgebrochen.

Grund für den Personalmangel bei Fahrdienstleitern im Stellwerk und Lokführern ist die Überalterung. Im Konzern liegt das Durchschnittsalter bei 46, bei den Fahrdienstleitern sogar bei 55 Jahren. Da der Engpass nicht nur in Mainz besteht, will die Bahn kurzfristig weitere Mitarbeiter ausbilden. In diesem Jahr will sie noch 340 neue Fahrdienstleiter einstellen, so dass 2013 insgesamt 600 Mitarbeiter in diesem Bereich hinzukommen.

SPD und Grüne warfen der Bundesregierung vor, die Bahn finanziell auszubluten. "Schwarz-Gelb hat der Bahn eine Zwangsdividende von einer halben Milliarde Euro pro Jahr auferlegt. Deshalb fehlt jetzt das Geld für Personal und Infrastruktur", sagte SPD-Fraktionsvize Florian Pronold. "Das Grundproblem sind die harten Rendite-Vorgaben und insgesamt die Steuerung der Bahn", sagte Grünen-Politiker Anton Hofreiter. Union und FDP konterten, der Bund investiere jedes Jahr 2,5 Milliarden Euro in die Bahn. Seitdem Schwarz-Gelb regiere, seien Zehntausende neue Bahn-Mitarbeiter eingestellt worden.

Ramsauer gab dagegen Rot-Grün die Schuld für das Bahn-Chaos. "Die christlich-liberale Bundesregierung hat die Scherben aufgekehrt." Die früheren SPD-Minister Peer Steinbrück und Wolfgang Tiefensee hätten den Bahn-Börsengang vorangetrieben. Dabei sei Personal "sträflich heruntergefahren" worden.

Union und FDP haben die Bahn allerdings seit 2011 verpflichtet, jedes Jahr 500 Millionen Euro als Dividende an den Bund abzuführen. Das ist ein Drittel des Nachsteuer-Jahresgewinns der Bahn von 1,5 Milliarden Euro. Etwa die Hälfte der 500-Millionen-Dividende fließt als Zuschuss an die Bahn zurück.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring forderte, die Netzgesellschaft stärker vom Konzern abzutrennen. "Die DB Netz muss unabhängiger vom Konzern werden. Die hohen Gewinne der Netzgesellschaft von jährlich einer Milliarde Euro sollten bei ihr bleiben und nicht mehr in die große Konzernkasse fließen", sagte Döring. "Dann hätte die Netzgesellschaft mehr Mittel für Personal und Investitionen. Hier hat Verkehrsminister Ramsauer wohl zu Unrecht dagegen gehalten."

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(mar)
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