Berlin/Kiew Berliner Ärzte behandeln Timoschenko

Berlin/Kiew · Die Charité-Mediziner sind optimistisch, der ukrainischen Politikerin helfen zu können. Unterdessen eskaliert die Krim-Krise weiter: Russische Soldaten stürmen elf Grenzposten. Die Regierung in Kiew dreht der Halbinsel den Geldhahn ab.

Julia Timoschenko spricht in Dublin vor Delegierten
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Die ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko wird seit dem Wochenende in dem Berliner Universitätsklinikum Charité wegen ihrer starken Rückenschmerzen behandelt. Charité-Chef Karl Max Einhäupl zeigte sich zuversichtlich, dass Timoschenko nach der Behandlung ihrer Bandscheibenvorfälle wieder ohne Hilfsmittel wird laufen können.

Die 53-Jährige liegt seit Freitagabend, bewacht von Sicherheitsleuten, in der Klinik. Derzeit kann sich die Präsidentschaftskandidatin nach Auskunft der Ärzte nur unter Schmerzen und mit einem Rollator oder im Rollstuhl fortbewegen. Es sei noch nicht sicher, ob eine Operation ein Jahr nach dem letzten Bandscheibenvorfall überhaupt empfehlenswert sei, sagte Einhäupl. Diese Entscheidung werde Anfang der Woche getroffen.

In jedem Fall werde Timoschenko wohl mindestens eine Woche in der Universitätsklinik bleiben. Ihre Tochter sei bei ihr. Die Behandlungskosten übernimmt sie laut Klinik selbst. Timoschenko, die im Februar aus der Haft freikam, hatte im Gefängnis mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Seit rund zwei Jahren wird sie daher von Spezialisten der Charité behandelt, die auch in die Ukraine gereist waren. "Bei der Behandlung dort waren uns die Hände sehr gebunden", sagte Einhäupl. In der Ukraine hatte Timoschenko eine Operation und auch jegliche Injektionen abgelehnt, weil sie den Behörden nicht traute.

Timoschenko sei seit fast zwei Jahren nicht richtig gelaufen, sie nehme fast täglich Schmerzmittel, hieß es von den Ärzten weiter. Sie attestierten ihr einen starken Willen. Einhäupl betonte: "Frau Timoschenko wird sehr viel Energie darauf verwenden, möglichst schnell wieder in die Ukraine zurückzukommen."

In der Krim-Krise zeichnet sich unterdessen weiter keine Annäherung zwischen dem Westen und Russland ab, im Gegenteil: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in einem erneuten Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin das für nächsten Sonntag vom Krim-Parlament angesetzte Referendum zur Loslösung von der Ukraine als illegal kritisiert. Wie Regierungssprecher Steffen Seibert weiter mitteilte, bedauerte die Kanzlerin, dass es keine Fortschritte bei der Einrichtung einer internationalen Kontaktgruppe gebe. Merkel habe hier rasche substanzielle Ergebnisse angemahnt.

Doch Putin bleibt trotz angedrohter Sanktionen des Westens hart: Das Regionalparlament der Krim habe in Einklang mit internationalem Recht die Halbinsel zu einem Teil der Russischen Föderation erklärt und ein Referendum zur Loslösung von der Ukraine angesetzt. Ziel der Maßnahmen sei es, die "rechtmäßigen Interessen der Bevölkerung auf der Halbinsel" zu garantieren. Russische Soldaten nahmen nach ukrainischen Angaben insgesamt elf Grenzposten auf der Krim ein. Aufrufe zum Rückzug ignorierte die Regierung in Moskau, obwohl US-Außenminister John Kerry warnte, dass dadurch der Spielraum für die Diplomatie schwinde.

Die prorussische Regionalregierung der Krim wies zugleich Forderungen zurück, das für kommenden Sonntag angesetzte Referendum abzusagen. Mehr als 40 unbewaffneten Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wurde am Samstag zudem zum dritten Mal der Zugang zur Krim verwehrt. Dabei wurden Warnschüsse abgegeben. In Sewastopol griffen prorussische Aktivisten und Kosaken bei einer Demonstration von Gegnern der Abspaltung eine Gruppe Ukrainer an.

Die neue prowestliche Regierung der Ukraine drehte der moskautreuen Führung der Krim den Geldhahn zu. Die nahm die Sperrung der Bankkoten scheinbar gelassen: Man werde sowieso schnellstens den russischen Rubel einführen.

(RP)
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