London Bestechung: Mitarbeiter der Zeitung "Sun" verhaftet

London · Wenn es nach dem Medien-Manager Rupert Murdoch geht, soll seine "Sonne" weiter scheinen – obwohl sich gerade über der größten britischen Zeitung düstere Regenwolken zusammenziehen. Die mächtige "Sun" mit ihrer täglichen Leserschaft von 7,6 Millionen hat früher über den Erfolg von Gesetzesinitiativen mitentschieden und den Ausgang der Wahlen beeinflusst, weswegen die Politiker aller Parteien die 30 Pence teure Zeitung umworben und hofiert haben. Das bunte Blatt mit den messerscharfen Überschriften jagte oft den Skandalen und Sensationen nach, doch heute macht es sich selbst zum Thema von wilden Spekulationen. Scotland Yard verhaftete am Wochenende gleich fünf hochkarätige Mitarbeiter der Zeitung, die im Verdacht stehen, Polizisten und Militärs bestochen zu haben. Der australische Medienunternehmer Murdoch will in den nächsten Tagen nach London fliegen, um höchstpersönlich um seine angeschlagene "Sun" zu kämpfen.

Vor sieben Monaten schloss der Zeitungskonzern News International (NI) die erfolgreiche Wochenzeitung "News of the World" (NoW), die in Murdochs Augen nicht mehr zu retten war. Die NoW-Reporter hatten auf der Jagd nach Klatsch und Tratsch die Handy-Mailboxen von ermordeten Kindern, Terroropfern und gefallenen Soldaten in Afghanistan belauscht, womit sie nicht nur viele journalistische Grundsätze, sondern auch zahlreiche britische Gesetze gebrochen haben. Anders als die NI-Führung zunächst versichert hatte, waren dies keine Einzelfälle. In den vergangenen Wochen nahmen die Ermittler in London 40 Journalisten fest, denen Bestechung, Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen werden. Zehn davon waren oder sind bei der "Sun" angestellt.

Der Skandal um die Skandalblätter hat NI bislang 200 Millionen Dollar (152 Millionen Euro) gekostet. Schwerer wiegt allerdings der gewaltige Imageverlust, der die angestrebte Komplettübernahme des profitablen Fernsehsenders BSkyB durch den Milliardär akut gefährdet. Um Schadensbegrenzung bemüht, erschien Murdoch vor einem Ausschuss des Westminster-Parlaments, um eine restlose Aufklärung aller Vorwürfe zuzusichern. Nach BBC-Informationen geht die Kooperationsbereitschaft des 80-Jährigen so weit, dass die NI-Führung jetzt selbst seine eigenen Mitarbeiter bei der britischen Polizei angezeigt hat. Am Samstagmorgen klingelten die Ermittler zu Hause beim Vizechef der "Sun", Geoff Webster, dem Chefreporter John Kay, dem Bildchef John Edwards und zwei weiteren Journalisten, die kurz nach der Verhaftung auf Kaution freigelassen wurden. Zeitgleich wurden in Südengland ein Polizist und ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums festgenommen. Vor dem Hintergrund der Gerüchte um eine mögliche Schließung der "Sun" ließ Murdoch durch seinen Londoner Verlagschef Tom Mockridge versichern, er wolle seine Zeitung in der Krise keinesfalls aufgeben.

(RP)
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