Interview: Klaus Von Dohnanyi (SPD) "Die Regierung Ramelow steht nur für Banken-Kritik"

Berlin · Der frühere Hamburger Bürgermeister hält eine rot-rot-grüne Regierung in Thüringen aus wirtschaftlichen Gründen für falsch.

Thüringen: Die wichtigsten Vorhaben von Rot-Rot-Grün
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Sie haben einmal gesagt, sie fänden rot-grüne Bündnisse nicht gut, weil dann zwei eher wirtschaftsferne Parteien regierten. In Thüringen soll in Kürze noch die Linke dazukommen. Und jetzt?

Dohnanyi Das ist ökonomisch ein noch schlechteres Signal als Rot-Grün allein.

Der Linken-Politiker Bodo Ramelow gilt als Pragmatiker. Dramatisieren Sie nicht die Lage?

Dohnanyi Nein. Das Hauptproblem gerade in den neuen Bundesländern ist, dass dort Unternehmensgründungen und das dazu nötige Kapital dringend benötigt werden. Die geplante Regierung Ramelow ist bislang nur durch fundamentale Kritik an Banken und Konzernen aufgefallen.

Immerhin soll die SPD und nicht die Linke die Landesministerien für Finanzen und Wirtschaft bekommen.

Dohnanyi Das ist nicht entscheidend. Wichtig ist allein das Regierungsprogramm. Thüringen braucht Menschen, die Unternehmen gründen, Geld verdienen und auch reich werden wollen. Rot-Rot-Grün steht dem programmatisch entgegen. Wenn Thüringen Konzerne von Rang fehlen, sollte man nicht ständig verkünden, eigentlich müssten für die höhere Steuern her. Konzerne müssten mit Steuervorteilen nach Ostdeutschland gelockt werden.

Sehen Sie niemandem in dem angestrebten Dreierbündnis, der sich von ökonomischer Vernunft leiten lässt?

Dohnanyi Niemanden. Die Grünen wollen sich anscheinend bei der Linken lieb Kind machen durch Einstieg in die Regierung. Das ist keine ökonomisch verantwortliche Politik.

Es fällt auf, dass Sie als Sozialdemokrat vehement auf den Primat des Ökonomischen setzen.

Dohnanyi Es ist doch ganz einfach: An erster Stelle steht für Thüringen Wirtschaftswachstum; danach der Unternehmensaufbau, und erst dann kommt das Soziale; es geht doch nie umgekehrt. Jede Regierung in Erfurt muss sich fragen, wie sie im bestehenden System Unternehmen ins Land holen kann.

Sie haben ökonomische, aber keine historisch begründeten Bedenken gegen einen ersten Ministerpräsidenten, der aus der Partei stammt, deren Vorgängerin die unselige SED war.

Dohnanyi Kein vernünftiger Mensch glaubt doch, dass Linkspartei, Sozialdemokraten und Grüne politisch die alte DDR zurückhaben wollen. Natürlich mag es Menschen geben, die sich betrogen fühlen und die denken: Wir hier haben jahrzehntelang gegen die Leute von der SED gekämpft, und nun kommen die unter anderem Namen wieder mit einem Regierungschef an die Macht.

REINHOLD MICHELS FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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