Rio De Janeiro Brasiliens Ex-Präsident im Visier der Ermittler

Rio De Janeiro · Er ist der Übervater seines Landes. Nun wird Luiz Inácio Lula da Silva Korruption vorgeworfen.

Er hatte stets den Charme eines politischen Großvaters: Luiz Inácio Lula da Silva, der im Oktober 70 Jahre alt wird, galt als der Inbegriff des vertrauens- und ehrwürdigen Politikers. Vor seiner Präsidentschaft (2002 - 2010) machte er sich als Arbeiter, später als Gewerkschafter einen Namen. Einer, der für die Rechte der Arbeiter, der Armen und der Unterdrückten kämpfte, der dafür sogar einmal zu Zeiten der ultrarechten Militärdiktatur ins Gefängnis musste und nur freikam, weil sich der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt vor einem Brasilien-Besuch dafür starkmachte. Lula war der Hoffnungsträger eines großen Teils der benachteiligten Bevölkerung Brasiliens. Seine Wahl im Oktober 2002 kam einer politischen Revolution gleich.

Jetzt ist der eigentlich Unantastbare ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Nicht das erste Mal, aber jetzt scheint vieles anders. Es geht um eine unheimliche Nähe zum Baugiganten Odebrecht, der eigentlich in so ziemlich jeden brasilianischen Skandal der vergangenen Jahre verwickelt war. Es geht um Einflussnahme bei Aufträgen in Kuba, Venezuela, Guyana und der Dominikanischen Republik. Dass die linksgerichtete Regierung von Lula, wie ihn seine Anhänger liebevoll rufen, durch und durch korrupt war, ist inzwischen kein Geheimnis mehr. Zahlreiche Minister und engste Vertraute aus seiner Regierungszeit, wurden einer nach dem anderen wegen Bestechlichkeit aus dem Verkehr gezogen. Nun muss sich Lula in eigener Sache erklären. Brasiliens Öffentlichkeit ist spätestens seit den Korruptionsfällen rund um die milliardenschweren Bauarbeiten zur Fußball-WM 2014 sensibilisiert. Hinzu kam zuletzt auch noch ein gigantischer Parteispendenskandal rund um den staatlichen Erdölkonzern Petrobras, bei dem nicht nur, aber vor allem die von Lula gegründete Arbeiterpartei profitierte. Das Image des unschuldigen liebevollen Übervaters ist Lula bereits los.

Sollten sich die Verdachtsmomente gegen ihn bestätigen, wird sich die allmächtige Arbeiterpartei nach einer neuen Führungsfigur umsehen müssen. Ein Gewerkschaftsführer und "Präsident der Arbeiter", der sich von einem Konzern schmieren lässt, das wäre das Ende der politischen Glaubwürdigkeit Lulas.

(RP)
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