Persönlich Bülent Arinc . . . will Frauen das Lachen verbieten

Für den türkischen Vize-Regierungschef Bülent Arinc (66) ist die Sittsamkeit ein hohes Gut, das gepflegt werden muss. Bei Frauen gehört laut Arinc dazu, sich zurückhaltend zu kleiden und "nicht vor allen Leuten laut loszulachen". Als Reaktion auf diese Aussage tauchten gestern mehrere Hundert Fotos lachender Türkinnen in den sozialen Medien des Landes auf. Im Internet wurde Arinc daraufhin als selbsternannter Sittenwächter beschimpft. Die Fernsehjournalistin Banu Güven rief zu wöchentlichen Lach-Demos von Frauen auf.

Mit seinen 66 Jahren nähert sich Arinc dem Ende seiner politischen Karriere. Wie andere ältere Politiker der regierenden AKP darf der zu den Gründern der Erdogan-Partei zählende Arinc laut den Parteistatuten nach drei Legislaturperioden im kommenden Jahr nicht mehr für das Parlament kandidieren. Arinc, der an der Hochschule Manisa - westlich von Anatolien - Jura studierte, wurde im vergangenen Jahr von Erdogan öffentlich dementiert und gedemütigt. Doch an seiner Loyalität und seiner Frömmigkeit ändert das nichts. In seiner Heimatstadt Bursa kam er jetzt auf den moralischen Zustand des Landes zu sprechen - der seiner Meinung nach alles andere als gut ist. "Wo sind die Mädchen, die leicht errötend die Augen niederschlagen, wenn sie uns anschauen, und so zu Symbolen der Sittsamkeit werden?", fragte der ehemalige Parlamentspräsident der Türkei. Zudem geißelte er den Drogenkonsum junger Menschen und die Freizügigkeit von Fernsehshows, die zu einer "Sex-Abhängigkeit" führe. Das richtige Mittel, den Verfall aufzuhalten, ist laut Bülent Arinc die Lektüre des Korans und das daraus folgende tugendhafte Verhalten. Männer sollten ihren Frauen treu sein, und Frauen sollten eben nicht in der Öffentlichkeit lachen. Auch lange Handy-Gespräche der Damen gehen Arinc auf die Nerven - dabei werde doch nur getratscht, sagte er. Früher sei das alles anders gewesen.

Thomas Seibert

(RP)
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