Düsseldorf Kampfabstimmung bei den Grünen

Düsseldorf · Fraktionschef Reiner Priggen gibt sein Amt ab. Um die Nachfolge ringen zwei Konkurrenten: Ex-Landeschefin Monika Düker und Finanzexperte Mehrdad Mostofizadeh. Der Sieger führt die Grünen in den nächsten Landtagswahlkampf.

Zwei Jahre vor der Landtagswahl verliert die Grünen-Fraktion ihren wichtigsten Kopf: Ihr Chef Reiner Priggen (62), der in dieser Woche vor dem Karneval an die Nordsee geflohen ist, will nicht mehr. Als Nachfolger werden auf einer Fraktionssitzung am Dienstag Ex-Landeschefin Monika Düker (51) und der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Mehrdad Mostofizadeh (45), ihre Hüte in den Ring werfen.

Die führenden Fraktionsmitglieder, die den Vorgang gegenüber unserer Zeitung bestätigen, wollen über das Thema bis Dienstag allenfalls hinter vorgehaltener Hand sprechen. Die Top-Personalie ist heikel. Zum einen zieht sich mit Priggen der vielleicht wichtigste Stabilisator der rot-grünen Landesregierung auf die Hinterbank zurück. Als Landeschef hat er schon 1995 die erste Koalition mit der SPD ausgehandelt. In der aktuellen Koalition hielt Priggen auch großen Ärger der Grünen über ihren Regierungspartner erfolgreich unter der Decke. Etwa, als die Grünen kürzlich beinahe geschlossen den Kopf über die dilettantische Digital-Offensive ihres Regierungspartners schüttelten.

Zum anderen geht es bei der Kampfkandidatur um mehr als die Wahl eines Nachfolgers. Während Mostofizadeh zum linken Parteiflügel gehört, der auch gegenüber rot-rot-grünen Koalitionen offen ist, gilt Düker als stramme Realpolitikerin, die zur Not auch mit CDU-Fraktionschef Armin Laschet gut kann. Deshalb - und weil der grüne Landesverband der größte in Deutschland ist - ist die Richtungswahl der Düsseldorfer Grünen-Fraktion auch ein bundespolitisches Signal. Am Dienstag werden die Fronten geklärt, entschieden wird auf einer Klausur am 2. und 3. März.

Als hätten die Grünen damit nicht schon genug zu tun, kommt ihnen mit Daniela Schneckenburger (54) auch noch eine von Priggens vier Stellvertretern abhanden. Die ehemalige Gesamtschullehrerin wurde gestern in Dortmund zur neuen Schuldezernentin gewählt. Wer für sie in den Vorstand nachrückt, ist offen. Wibke Brems und Birgit Beisheim werden gehandelt.

Priggen hatte schon im vergangenen Jahr seinen Polit-Ruhestand für 2017 angekündigt. Dass er nun überraschend schon zwei Jahre vorher als Fraktionschef abtritt, hat zwei Gründe: Strategisch will er den Rücktritt am Dienstag damit begründen, dass sein Nachfolger eingearbeitet werden muss, bevor der oder die Neue 2017 in die erhofften Koalitionsverhandlungen geht. Zudem sei er persönlich, so heißt es, frustriert. Nach 15 Jahren im Landtag ohnehin müde, fühlte Priggen sich nach der Kommunalwahl im Mai 2014 angeblich von CDU-Chef Armin Laschet verraten. Priggens Ehefrau Gisela Nacken, ebenfalls Grünen-Politikerin und damals Dezernentin in Aachen, verlor nach der Wahl im September ihren Posten, weil die neue CDU/SPD-Mehrheit sie nicht mehr wollte. Laschet, der in Aachen seinen Wahlkreis hat, soll sich mit Priggen vor der Wahl anders verständigt haben.

Bei der Stichwahl gilt Düker als Favoritin. Die Partei hält ihr zugute, dass sie 2010 bis 2014 als Landeschefin in einer Doppelspitze mit dem ebenso linkslastigen wie streitfreudigen Sven Lehmann die grünen Flügelkämpfe beruhigt hat. Düker ist beliebt. Als Innenpolitik-Expertin punktete sie zuletzt fachlich in der Flüchtlingsdebatte.

Trotzdem ist Mostofizadeh nicht chancenlos. Als Finanzexperte beweist er mehr Haushaltsdisziplin als der Finanzminister. Außerdem sind die Parteilinken im Landesverband stärker als Dükers Realo-Anhänger. Mostofizadehs breite Schultern waren zuletzt im WestLB-Untersuchungsausschuss sichtbar, als die Parlamentarier den Zeugen Gerhard Schröder vernahmen. Der Grünen-Politiker war einer der wenigen, die sich von dem autoritären Humor des Altkanzlers nicht einlullen ließen.

(RP)
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