Berlin Bund verschwendet Milliarden

Berlin · Der Bundesrechnungshof prangert den leichtfertigen Umgang mit Steuergeld durch Ministerien an. Behördenchef Engels warnt Schwarz-Rot vor neuen Haushaltsrisiken trotz guter Einnahmen: Die Zinsausgaben könnten bald steigen.

Der Bundesrechnungshof hat die künftige Bundesregierung davor gewarnt, Haushaltsrisiken wie etwa steigende Zinsen in den kommenden Jahren zu unterschätzen. Der Bund werde die Regeln der Schuldenbremse nur einhalten können, wenn die Zinsausgaben niedrig, die Steuereinnahmen hoch und die Arbeitsmarkt- und Gesundheitsausgaben stabil gehalten werden, sagte Behörden-Präsident Dieter Engels gestern in Berlin. Auf mehr als 300 Seiten listen die Rechnungsprüfer zudem Beispiele für die Verschwendung von Steuergeld im laufenden Jahr auf.

Der Bund profitierte in den vergangenen Jahren von historisch niedrigen Zinsen: Für Bundesanleihen musste er Kapitalanlegern nur Mini-Zinsen versprechen, da die Bundesrepublik in der Schuldenkrise als einziger sicherer Hafen in Europa angesehen wurde. Dieses Bild beginnt sich zu ändern: Auch Anleihen anderer europäischer Länder wie etwa Spanien, die bisher als unsicher galten, werden nachgefragt. Zudem steigen längst wieder die Zinsen für US-Staatsschulden. Die USA müssen Anlegern schon fast doppelt so viel zahlen wie noch 2012. In der Regel folgt die Zinsentwicklung in Europa der in den USA. Noch sieht die Lage für den deutschen Finanzminister entspannt aus, doch Experten rechnen für 2014 auch in Deutschland mit anziehenden Renditen für Anleihen.

"Der Bundesrechnungshof sieht trotz der sehr guten Ausgangslage durchaus Risiken", warnte Behörden-Chef Engels. Die Zinsausgaben des Bundes könnten bald steigen. Die derzeit gute Einnahmensituation solle "zur Vorsorge für schlechtere Zeiten genutzt werden" – auch weil auf dem Bund bereits ein "gigantischer Schuldenberg von 1,3 Billionen Euro" laste. Engels bedauerte, dass Union und SPD in der neuen Legislaturperiode mehr Geld als bislang geplant ausgeben wollen und daher nicht mehr in der Lage sein werden, Überschüsse zu erzielen und Schulden zu tilgen.

Der Bund verliere zudem zunehmend die Übersicht über die Verwendung von wachsenden Geldsummen, die er an die Länder weitergebe – etwa für den Kita-Ausbau, für Hochschulen oder die Grundsicherung im Alter. Ob diese Milliarden zweckgerecht ausgegeben würden, sei kaum zu kontrollieren.

Der Bund selbst habe 2013 wieder viele Millionen Euro sinn- oder zwecklos ausgegeben, sagte Engels. Die Bundeswehr verleihe etwa "Wehrmaterial" wie Kleidung, Helme oder Fahrzeuge befristet an Dritte zu Erprobungs-, Entwicklungs- oder Forschungszwecken. Trotz Recherchen wisse die Bundeswehr aber nicht, wo Material im Gegenwert von 92 Millionen Euro verblieben sei, das sie in früheren Jahren an Dritte verliehen hatte.

"Die Bundeswehr hat die Gehaltszahlungen an ihre neu eingestellten Soldatinnen und Soldaten unzureichend kontrolliert", heißt es zudem im Rechnungshof-Bericht. "2000 Soldatinnen und Soldaten erhielten ihre Gehälter in falscher Höhe." Die Streitkräfte verwendeten ein Computerverfahren, das nicht geeignet sei, zutreffende Gehaltszahlungen zu gewährleisten. Der Schaden liege in Millionenhöhe.

Auch im Verkehrsetat wurden die Rechnungsprüfer an vielen Stellen fündig. So monierte der Rechnungshof mit Erfolg die Baupläne des "Kramertunnels" für eine Ortsumfahrung im bayerischen Garmisch-Partenkirchen. Bund und Kommune sparten viele Millionen, weil die Tunnelbaupläne auf Empfehlung des Rechnungshofs abgespeckt wurden. In Nordrhein-Westfalen setzte die Straßenbauverwaltung eine Empfehlung dagegen nur unzureichend um: Beim Umbau einer Kreuzung an der B 239 in Detmold wurden daher 420 000 Euro umsonst ausgegeben, so der Bericht.

Zum Verlust von Steuergeld führen immer wieder auch Steuerschlupflöcher und Betrügereien. Ärzte erbringen etwa immer häufiger kosmetisch motivierte Leistungen wie Brustoperationen, Faltenbehandlungen und das Entfernen von Tätowierungen. Die Patienten zahlen aber für diese Leistungen oft keine Umsatzsteuer, obwohl sie umsatzsteuerpflichtig sind. Die Finanzämter prüften die Angaben der Ärzte oft zu oberflächlich.

(mar)
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