18 Länder in Europa kassieren PKW-Maut Bund will Pkw-Maut Anfang 2016 einführen

Düsseldorf · Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will mit der Gebühr Ausländer zur Kasse bitten. Die Niederlande sprechen von Diskriminierung.

Die Bundesregierung will die Kosten für die Reparatur der Infrastruktur jetzt auch durch die Einführung einer Pkw-Maut finanzieren. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erklärte in einem Zeitungsinterview, am 1. Januar 2016 werde die Pkw-Maut "scharf gestellt". Die neue Gebühr wird nach seinen Plänen nur die ausländischen Autofahrer treffen. Für Deutsche sollen die Mautkosten durch die Senkung der Kfz-Steuer ausgeglichen werden. Ein konkretes Konzept soll noch vor der Sommerpause vorgestellt werden. Dobrindt kündigte auch konkrete Termine für die Ausweitung der Lkw-Maut an (siehe Box).

Die Vignette für Pkw wird voraussichtlich 200 Millionen Euro pro Jahr einbringen. Die unabhängige und parteiübergreifende Daehre-Kommission hatte ermittelt, dass für den Erhalt der deutschen Verkehrswege in den nächsten 15 Jahren jährlich 7,2 Milliarden Euro fehlen. Die Kommission kam darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass dem Bund trotz der Aufstockung des Verkehrsetats um fünf Milliarden Euro für diese Wahlperiode erneut Geld für die Instandhaltung von Straßen, Schienen und Wasserwegen fehlt.

Die Einführung der Pkw-Maut ist äußerst umstritten. Die Erhebung der Gebühr war eine zentrale Forderung der CSU in den Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten gewesen. Michael Groschek, Verkehrsminister in Nordrhein-Westfalen, hält wenig von den Plänen. "Die Pkw-Maut für Ausländer ist ein Placebo", sagte der SPD-Politiker. Die Maut bringe gerade mal die Kosten ihrer eigenen Erhebung ein. "Und Ärger mit unseren Nachbarn in Benelux", fügte Groschek hinzu. Wenn man die Niederländer auf ihren Ausflügen ins Sauerland abkassiere, werde es nicht lange dauern, bis diese die Deutschen auf dem Weg zur Nordseeküste zur Kasse bitten würden.

Tatsächlich kündigte die niederländische Verkehrsministerin Melanie Schultz van Haegen gestern bereits Gegenmaßnahmen an. "Wir sind gegen diese Pläne und werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um ihre Realisierung zu verhindern", sagte die Ministerin. Die europäischen Regelungen erlaubten es den Mitgliedstaaten grundsätzlich, Straßenbenutzungsgebühren, auch in Form einer Vignette, einzuführen. "Das Entgeltsystem muss allerdings so ausgestaltet sein, dass es in seiner Wirkung nicht diskriminierend oder unverhältnismäßig ist", erklärte Schultz van Haegen.

Auch Reiner Breuer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, nannte den Vorstoß Dobrindts eine "verkehrspolitische Irrfahrt". "Wir sind immer noch gespannt, wie die Pkw-Maut ohne zusätzliche Belastung der Bürger und zugleich europarechtskonform umgesetzt werden kann", erklärte der SPD-Politiker. Anton Hofreiter, Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte der großen Koalition bei der Pkw-Maut politischen Schiffbruch voraus: "Dobrindts sogenannte Ausländer-Maut wird ein Pleiteprojekt." Sie sei nicht nur europarechtlich fragwürdig, sondern auch ökologisch und ökonomisch blind. "Je länger Dobrindt an dem Projekt festhält, umso größer wird sein politischer Schaden", sagte Hofreiter.

In der NRW-CDU stößt die Einführung der Pkw-Maut hingegen auf Zustimmung. "Maßgabe für die Einführung ist und bleibt, dass alle, die heute schon Kfz-Steuer in Deutschland zahlen, nicht zusätzlich belastet werden", sagte Bernhard Schemmer, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) erklärte, man nehme Dobrindt beim Wort. "Wir erwarten, dass deutsche Autofahrer mit der Pkw-Maut um keinen zusätzlichen Cent mehr belastet werden", mahnte VDA-Präsident Matthias Wissmann.

Der Bundesverkehrsminister kündigte an, er werde jetzt mit den Nachbarländern Deutschlands über die Einführung der Pkw-Maut sprechen. Es sei eine Frage der Gerechtigkeit, dass diejenigen für den Unterhalt der Straßen zahlten, die sie nutzten. "Gerade der Transitverkehr profitiert doch auch von guten Straßen in Deutschland", sagte Dobrindt.

Der Automobilclub ADAC lehnt eine Pkw-Maut strikt ab. Der einfachste Weg, um Mehreinnahmen zu erzielen, sei eine zeitlich begrenzte und zweckgebundene Erhöhung der Mineralölsteuer, sagte eine Sprecherin. Dies sei zudem die gerechteste Lösung: Wer viel fahre, zahle mehr.

(may-, qua)
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