Berlin Bundespräsident Steinmeier will in Moskau über Krim-Annexion reden

Berlin · Sieben Jahre ist es her, dass mit Christian Wulff zuletzt ein Bundespräsident nach Moskau reiste und den russischen Präsidenten traf. Frank-Walter Steinmeier hat bewusst nach einem guten Grund gesucht, um gleich in seinem ersten Amtsjahr nach Russland zu fliegen. Am kommenden Mittwoch wird der Bundespräsident zu einem sogenannten Arbeitsbesuch nach Moskau aufbrechen und auch Präsident Wladimir Putin treffen. Der Bundespräsident gehe "nüchtern" in das Gespräch, hieß es aus dem Präsidialamt. "Ich mache mir keine Illusionen über den Stand unserer Beziehungen. Sprachlosigkeit ist aber aus meiner Sicht keine Alternative", sagte Steinmeier im Juni der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Da Steinmeier angesichts der Krim-Annexion nicht nach Russland reisen kann, als sei nichts geschehen, suchte das Präsidialamt nach einem plausiblen Anlass für den Besuch. Den fanden Steinmeiers Leute in der Rückgabe der Kathedrale St. Peter und Paul an die Evangelisch-Lutherische Kirche in Russland. Das Gotteshaus war 1938 unter Stalin enteignet worden. Seit 2008 darf die Kirche es wieder nutzen. Nun soll sie auch wieder in den Besitz des Gebäudes und seiner Nebengebäude kommen. Bevor Steinmeier den russischen Präsidenten trifft, wird er an der Übergabezeremonie teilnehmen. Zur deutschen Delegation gehört der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der sich seit Jahren für die Rückgabe einsetzt. Auch Treffen mit Menschenrechtlern und dem früheren Staatspräsidenten Michail Gorbatschow sind geplant. Aus deutscher Sicht ist dieser Rahmen von Kirchenrückgabe und Kontakt zur Zivilgesellschaft für den Besuch notwendig. Andernfalls könnte Steinmeiers Visite wirken, als gehe man nach der Annexion der Krim zur Normalität über - und auch in diese Richtung instrumentalisiert werden.

Der Bundespräsident wolle ausloten, ob Russland über die Geste der Kirchenrückgabe hinaus nach Jahren der bewussten Abgrenzung bereit sei, neues Vertrauen aufzubauen, hieß es aus dem Präsidialamt. Auch die Themen Krim-Annexion, Ukraine und die Lage der Zivilgesellschaft will Steinmeier demnach ansprechen. Üblich ist, dass der Bundespräsident solche Reisen mit der Kanzlerin abstimmt. Dies ist auch in diesem Fall geschehen.

Das Präsidialamt dämpfte allerdings die Erwartungen an die Begegnung von Steinmeier und Putin. Es sei nicht die Zeit für eine neue Ostpolitik oder für Modernisierungspartnerschaften, hieß es.

(qua)
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