Berlin/Damaskus Bundesregierung übt scharfe Kritik an AfD-Besuch in Syrien

Berlin/Damaskus · AfD-Abgeordnete aus Berlin und NRW empören mit dem Besuch beim Großmufti, der mit Selbstmordanschlägen in Europa gedroht hatte.

Die Syrien-Reise mehrerer Bundestagsabgeordneter und Landespolitiker der AfD ist auf breite Kritik gestoßen. "Wer dieses Regime hofiert, disqualifiziert sich selbst", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert gestern in Berlin. "Das syrische Regime zeigt jeden Tag, wie menschenverachtend es mit der eigenen Bevölkerung umgeht." Die sieben AfD-Politiker wollen sich nach eigenen Angaben ein Bild von der Lage machen und sprachen von einer Privatreise.

Im November hatte die AfD vorgeschlagen, eine halbe Million Flüchtlinge zurückzuschicken und dies damit begründet, dass der Krieg in Syrien nahezu vorbei sei. Für besondere Kritik sorgte nun ein Gespräch mit dem Großmufti, der in der Vergangenheit zu Anschlägen in Europa und den USA aufgerufen hatte.

Unionsfraktionschef Volker Kauder nannte das Treffen abstoßend, seine SPD-Kollegin Andrea Nahles äußerte sich ähnlich. Seibert sagte, der Krieg von Präsident Baschar al Assad gegen das eigene Volk habe eine der größten Flüchtlingsbewegungen in Gang gesetzt. Seit 2011 wurden in Syrien Hunderttausende getötet, Millionen Menschen sind nach UN-Angaben inner- und außerhalb ihrer Heimat auf der Flucht. Deutschland hat seit 2012 keine Flüchtlinge zurückgeschickt. Der Abschiebestopp gilt bis Ende 2018.

Nach eigenen Angaben hat die AfD-Delegation mehrere ranghohe Vertreter der syrischen Führung getroffen, darunter Großmufti Ahmed Badreddin Hassun, der in seiner Funktion auch Todesurteile billigt. Der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Christian Blex, der der Delegation angehörte, postete Fotos von dem Treffen und schrieb auf Twitter, Hassun habe die Syrer in Deutschland zur Rückkehr aufgerufen. Es habe es auch ein Treffen mit dem Minister für nationale Versöhnung, Ali Haidar, gegeben - der habe gesagt, Syrien brauche jeden für den Wiederaufbau.

Der Grünen-Politiker Omid Nouripour sagte der "Heilbronner Stimme", das Treffen mit Hassun könne man als "klare Beihilfe zum Terror" bezeichnen. "Ahmed Hassun hat noch 2011 mit Selbstmordanschlägen in Europa gedroht." Die Staatsanwaltschaft sollte die Aufnahme von Ermittlungen prüfen. "Wir reden hier immerhin von einem Hassprediger", sagte Nouripour.

Der AfD-Co-Vorsitzende Jörg Meuthen verteidigte in der "Bild"-Zeitung die Reise: "Die völlig überzogenen Reaktionen von CDU- und SPD-Abgeordneten belegen nur, dass diese Parteien jede außenpolitische Kompetenz verloren haben und offenbar anders als wir gar nicht erst willens sind, sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen."

(rtr)
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