Berlin Neue Abgabe bedroht Braunkohle

Berlin · Alte Kraftwerke sollen nach dem Willen des Wirtschaftsministers einen "nationalen Klimabeitrag" zahlen. Das trifft vor allem RWE und Steag. Die Union ist sauer und sagt einen Energie-Gipfel ab.

Schlechte Nachricht für das rheinische Braunkohle-Revier und die Tausenden Arbeitsplätze dort: Die Bundesregierung will Stromkonzerne mit einer neuen Klima-Abgabe belasten, damit Deutschland bis 2020 sein Klimaschutzziel erreichen kann. Für ältere Kohlekraftwerke mit hohem Ausstoß an klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) sollen Betreiber künftig mehr Verschmutzungs-Zertifikate abgeben müssen als bisher. Das geht aus einem Eckpunktepapier hervor, das Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) den Regierungsfraktionen übermittelte und das unserer Zeitung vorliegt. Er will durch den nationalen Klimabeitrag den CO2-Ausstoß im Stromsektor bis 2020 um 22 Millionen Tonnen senken.

Die neue Klima-Abgabe trifft vor allem den RWE-Konzern. Dessen Braunkohle-Blöcke von 300 Megawatt werden in dem Regierungspapier namentlich als Zahler der Abgabe genannt. 300-Megawatt-Blöcke hat RWE in Frimmersdorf, Weißweiler, Neurath und Niederaußem. Bislang zählten Braunkohle-Blöcke noch zu den wenigen Geldbringern von RWE. Mit der neuen Abgabe droht ihnen die Abschaltung. Auch Steinkohle-Anlagen der Steag sind nach Einschätzung von Branchenkennern betroffen. Zugleich lehnte das Ministerium staatlich organisierte Hilfe für Kraftwerke ("Kapazitätsmarkt") ab, die die Konzerne fordern. Damit drohten "ausufernde Kosten" für Verbraucher, heißt es in dem Papier.

Die Branche reagierte entsetzt. Eine RWE-Sprecherin sagte: "Wir haben schon immer gesagt, dass wir Maßnahmen ablehnen, die bestimmte Energieträger oder Kraftwerke einseitig diskriminieren." CDU-Landeschef Armin Laschet nannte Gabriels Plan einen Anschlag auf das Energieland NRW und seine Braunkohle.

Die Landesregierung dagegen trägt Gabriels Kurs mit. "Effiziente Kraftwerke sind uns lieber als alte Schätzchen mit hohen Kohlendioxid-Emissionen", hatte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) schon im November erklärt. Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) sagte gestern: "Ich stehe in diesen Tagen in ständigem Kontakt mit Sigmar Gabriel, wir sind auf einem guten Weg." Strommarktdesign, Klimaschutz, die Situation der Stadtwerke oder der Braunkohle gehörten in ein Gesamtpaket.

Den Stadtwerken will die Bundesregierung etwas entgegenkommen: Bestehende Anlagen mit Kraft-Wärme-Koppelung sollen nun doch grundsätzlich gefördert werden. Viele Stadtwerke betreiben solche Anlagen, die Strom und Heizungswärme zugleich produzieren. Neuanlagen sollen maßvoll gefördert werden, vor allem wenn sie (wie in Düsseldorf) auf Gas setzen.

Deutschland hat sich verpflichtet, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Dieses Ziel würde klar verfehlt, wenn nicht der Stromsektor, auf den 40 Prozent aller Emissionen entfallen, gezwungen würde, ältere und klimaschädliche Kohlekraftwerke herunterzufahren. Im Jahr 2020 dürfte die Maßnahme den Strompreis für die Verbraucher lediglich um 0,2 Cent pro Kilowattstunde erhöhen, hieß es in Berlin.

In der CSU gibt es jedoch erhebliche Vorbehalte gegen Gabriels Pläne. Die Partei stemmt sich gegen neue Stromtrassen und will den Klimabeitrag verhindern. In der CDU ist man sauer, dass Gabriel nur zwei Tage vor einem Treffen mit Fraktionsexperten mit der neuen Abgabe vorprescht. Die Unionsfraktion ließ nun das für morgen geplante Spitzengespräch zur Energie platzen.

(mar anh)
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