Berlin Martin Schulz hält sich die Kanzlerfrage weiter offen

Berlin · Gerade waren US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern Abend vor die Mikrofone im Kanzleramt getreten, da sorgte eine Meldung über die SPD für Verwirrung in Berlin. Europaparlamentspräsident Martin Schulz (SPD), so schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf SPD-Regierungskreise in ihrer aktuellen Ausgabe, wolle 2017 als SPD-Kanzlerkandidat und als Außenminister antreten. Demnach ist Schulz nur zur Nachfolge Frank-Walter Steinmeiers (SPD) als Chefdiplomat bereit, wenn er auch die Kandidatur übernehmen könne. Sollte das stimmen, wäre die Nachricht eine Bombe.

Denn das Szenario gilt in Berlin tatsächlich als eine Option, Hinweise gab es dafür aber bisher keine. Und so folgte noch während der Pressekonferenz von Obama und Merkel das Dementi aus Brüssel. "Das ist empiriefreier Journalismus und völliger Unsinn", sagte Martin Schulz' Sprecher unserer Redaktion. Man werde sich zur Zukunft von Martin Schulz "zu gegebener Zeit" äußern, fügte er hinzu. Auch ein Sprecher von SPD-Chef Sigmar Gabriel dementierte den Bericht postwendend.

Und so lässt Schulz weiterhin offen, ob er nach Berlin kommt oder ob er es auf eine weitere Amtszeit als Parlamentschef in Brüssel anlegt. Von dort hieß es zuletzt, dass Schulz seine Prioritäten eher in Europa setze und den Parlamentsposten einer Nachfolge als Außenminister vorziehe. Schon vor Monaten gingen Beobachter in Berlin und Brüssel von dieser Gewichtung aus. Dass Steinmeier aber tatsächlich als gemeinsamer Bundespräsidentenkandidat von SPD und Union antreten würde, war da nicht absehbar.

Und das könnte nun den Zeitplan der SPD-Spitze durcheinanderwirbeln, wonach eigentlich erst Anfang nächsten Jahres über den Kanzlerkandidaten der SPD entschieden werden soll. Denn dem Vernehmen nach wird die konservative EVP-Fraktion im Europaparlament darauf pochen, dass Schulz seinen Posten wie vereinbart im Januar räumt. Bis zum 13. Dezember wollen sie sich auf ihren Präsidentschaftskandidaten festlegen. Das bringt Schulz nun in die schwierige Lage, eine Mehrheit für sich organisieren zu müssen, sollte er wirklich in Brüssel bleiben wollen. Und er muss reagieren. Der Außenministerposten wäre da eine bequeme Alternative - doch so weit ist Schulz offensichtlich noch nicht.

(jd)
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