Berlin/Düsseldorf Bundeswehr setzt auf moderne Laserwaffen

Berlin/Düsseldorf · Rheinmetall testet eine Flugabwehr per gebündeltem Energiestrahl und will in zwei Jahren einsatzfähige Technik liefern können.

Es ist nicht mehr das Gefechtsfeld der fernen Zukunft, sondern schon bald mögliche Realität, wenn wie von Geisterhand Patronengurte am Maschinengewehr explodieren, Minen detonieren, Gefechtsstände und Kommunikationszentren ausgeschaltet werden und selbst Artilleriegeschosse und Drohnen zerstört vom Himmel fallen. Die Treffer selbst werden noch von lautem Knall markiert. Doch von der Attacke selbst ist nichts zu sehen, nichts zu hören: Laserstrahlen. Die Bundeswehr hat die Erforschung im vergangenen Jahrzehnt mit rund 80 Millionen Euro vorangetrieben. Jetzt steht sie kurz vor der Einführung in der Truppe. "Wir könnten in zwei bis drei Jahren liefern", bestätigt Peter Rücker vom Düsseldorfer Rheinmetall-Rüstungskonzern im Gespräch mit unserer Zeitung.

Hat die Bundeswehr die Aufträge bewusst so gestückelt, dass sie unter der 25-Millionen-Grenze blieben und deshalb nicht einzeln vom Haushaltsausschuss genehmigt werden mussten? Wollte das Verteidigungsministerium auf diese Weise heimlich und vom Parlament unbemerkt in die Dimension der Lichtwaffentechnik vordringen? Eine entsprechende Spekulation in einem Fernsehbeitrag wurde gestern in Koalitionskreisen zurückgewiesen. Unter anderem mit dem Verweis, dass die meisten Aufträge ohnehin ein Volumen von drei bis sieben Millionen gehabt hätten und außerdem dem Parlament wiederholt mitgeteilt worden seien.

Solche Erläuterungen betrafen etwa Forschungen zu möglichen Quellen für "Hochenergielaserwaffen" und richteten sich auf die Fragen, ob sich mehrere Laser bündeln lassen, ob das Ergebnis durch die Bundeswehr als einzigen Nutzer finanzierbar ist und ob auch Laserquellen mit hoher Leistung im "augensicheren" Bereich entwickelt werden können.

"Leistungsstarke Laserquellen sind schon lange keine Science-Fiction mehr", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Deshalb sei auch die Bundeswehr gezwungen, sich damit zu beschäftigen. Vorrangig gehe es dabei um defensive Anwendungen, etwa bei der Abwehr von Raketen oder anderen Luftangriffen. Gedacht sei zum Beispiel an Einsätze bei der Marine oder in stationären Einrichtungen wie Feldlagern. Die mobile Verwendung auf Fahrzeugen sei wegen des hohen Energiebedarfs schwieriger.

Den Gegenbeweis versucht Rheinmetall zu erbringen, indem der Konzern einen "HEL"-Effektor (High-Energy-Laser) auf einen Radpanzer vom Typ "Boxer" montierte und seine Wirkung vorführte. Dadurch könnten Straßen und Felder von versteckten Minen und Sprengfallen gesäubert werden, ohne dass die Soldaten das geschützte Fahrzeug verlassen müssten. Rheinmetall plant nach Angaben von Rücker, die Lasertechnik bei entsprechender Nachfrage im niedersächsischen Unterlüß zu produzieren. Gehe es um eine Integration der Lasertechnik in die Flugabwehr, komme auch ein Standort in der Schweiz in Frage.

Lasertechnik werde die traditionelle Bewaffnung nicht ersetzen, aber ergänzen und ihr zusätzliche Optionen verleihen, sagte Rücker voraus: "Moderne Streitkräfte werden sich dem nicht entziehen können." Bei einer Demonstration konnte der Rheinmetall-"HEL" erfolgreich gegen einen ganzen Schwarm von anfliegenden Drohnen mit Jet-Antrieb eingesetzt werden. Im Vergleich zu einer vorangehenden Präsentation war die Reichweite von 2000 auf 3000 Meter verlängert worden.

Die Opposition bleibt skeptisch. Forschungsvorhaben an neuen Waffentechnologien bedürften immer einer "klaren sicherheitspolitischen Begründung" und einer "breiten parlamentarischen Debatte", sagt Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger unserer Zeitung. Statt sich "blind dem neuesten Techniktrend anzuschließen", müssten vor allem die Gefahren und Risiken frühzeitig beleuchtet werden. Bestimmte augenschädliche Laserwaffen seien bereits international geächtet. "Frau von der Leyen muss nun erklären, für welche Aufgabe diese Laserwaffen angeblich gebraucht werden und ob sie Antworten auf die Risiken hat", lautet die Forderung der Grünen.

Es ist nicht die einzige umstrittene Zukunftstechnologie. Für besondere Aufmerksamkeit sorgt auch die noch vertrauliche Strategie der Verteidigungsministerin, die Cyber-Abwehr als neuen "Operationsraum" der Bundeswehr zu definieren. Die Truppe müsse ihre IT-Ressourcen so bündeln und ausbauen, dass sie in der Lage ist, im Inland Cyber-Angriffe "aktiv abzuwehren" und im Ausland "offensive Cyber-Fähigkeiten" einzusetzen. Es gehe darum, die Nutzung von Mobilfunk und Internet durch den Gegner einzuschränken oder auszuschalten. Nach wiederholten Sprengstoffanschlägen fuhren in Afghanistan die meisten Patrouillen bereits mit einer Technik, die Mobilfunkstrahlen unterdrückte, damit Sprengsätze nicht mehr per Handy gezündet werden konnten. Nun soll es von der analogen in die digitale Welt gehen.

(RP)
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