Pläne der Union im Bundestag Im Terrorfall soll die Bundeswehr helfen

Berlin · Was in Frankreich gang und gäbe ist, will die Unionsfraktion rechtlich abklären: den Einsatz von Soldaten in Ausnahmefällen auch im Inland. Als Zielpunkt hat sie sich den nächsten Koalitionsvertrag im Jahr 2017 vorgenommen.

 Die Bundeswehr könnte künftig auch häufiger im Inland eingesetzt werden.

Die Bundeswehr könnte künftig auch häufiger im Inland eingesetzt werden.

Foto: dpa, iw htf tba

Angesichts der anhaltenden Gefahr von Terroranschlägen auch in Deutschland haben CDU und CSU einen neuen Anlauf zum Einsatz der Bundeswehr im Innern gestartet. "Es ist an der Zeit, die hier über Jahre aufgebauten ideologischen Scheuklappen abzulegen", sagt Ingo Gädechens, Obmann der Union im Verteidigungsausschuss, unserer Redaktion. Vergleichbare Versuche, Mehrheiten für eine Klarstellung der Verfassung zu finden, waren zuvor stets gescheitert.

Noch in der Nacht der Attentatswelle vom 13. November waren in Paris 1500 Soldaten aufmarschiert, um mit der Waffe in der Hand wichtige Gebäude und Straßen zu sichern. Vier Tage später kamen weitere 10.000 Soldaten landesweit zum Einsatz, wurden überall an "anfälligen Punkten" eingesetzt. Gleichzeitig machte Paris von der Beistandspflicht des EU-Vertrages Gebrauch. Daraufhin hätte auch die Bundeswehr in Frankreich eingesetzt werden können, wenn der Partner darum gebeten hätte. Aber nicht in einem vergleichbaren Fall in Deutschland.

Artikel 87a des Grundgesetzes beschränkt die Sicherungsaufgaben ziviler Objekte durch Bundeswehrsoldaten darauf, dass zuvor der Verteidigungsfall oder der Spannungsfall festgestellt worden sein muss. Nach Artikel 35 Grundgesetz wiederum können "in Fällen von besonderer Bedeutung", also auch Terroranschlägen, ausdrücklich nur Einheiten der Bundespolizei angefordert werden. Der Einsatz der Bundeswehr ist hier eingeschränkt auf Naturkatastrophen oder einen "besonders schweren Unglücksfall". Weitere Möglichkeiten bestehen in der Amtshilfe, dann aber ohne Waffengebrauch, wie bei Schnee- und Flutkatastrophen oder bei der Flüchtlingshilfe.

Dem stellt Gädechens ein in der aktuellen Bedrohungslage durchaus mögliches Szenario entgegen, bei dem "enorme Kräfte an mehreren Orten gleichzeitig gebunden sind". Für die Unions-Verteidigungspolitiker folgt daraus eine "stärkere Zusammenarbeit aller Sicherheitsorgane wie Bundespolizei, Polizei und Nachrichtendienste, aber eben auch der Bundeswehr, um in diesen Ausnahmesituationen Unterstützung zu leisten". Im Gefahrenfall müssten alle Sicherheitsorgane ohne Zeitverzug schnell auf freie Kapazitäten und Fähigkeiten der anderen zurückgreifen können.

In der Bevölkerung hat die Union mit diesem Vorhaben eine überwältigende Mehrheit von 87 Prozent hinter sich, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Yougov ergab. In der Politik ist sie indes weit von einer verfassungsändernden Mehrheit von zwei Dritteln entfernt. Als der damalige SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier den Weg für einen Bundeswehreinsatz im Innern freimachen wollte, kassierte seine Fraktion 2008 die Absicht umgehend wieder ein. Und auch in der jetzigen Koalition bremsen die Sozialdemokraten die Anläufe der Union aus. Die zweigeteilte Sicherheit habe sich bewährt, erklärte SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold. In einer Notsituation stünden die Streitkräfte ohnehin zur Verfügung.

So will die Union nun erst einmal eine Kommission sämtliche Details erarbeiten lassen. Das Ergebnis müsse dann nach den Worten des Verteidigungsexperten Henning Otte 2017 in den Koalitionsverhandlungen Thema sein.

Läuft es auf eine Neuauflage der großen Koalition hinaus, dürften die Probleme nicht kleiner werden. Und auch die Grünen winken bereits ab. "In unserem Grundgesetz ist aus sehr guten Gründen die grundsätzliche Trennung der Aufgaben der inneren und äußeren Sicherheit verankert", erläutert Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger. Diese klare Regelung dürfe nicht der "leeren Symbolpolitik der Union" zum Opfer fallen. Für die Grünen ist der neue Unions-Vorstoß nur eine "alte Leier", für den eine verfassungsändernde Mehrheit "völlig illusorisch" sei.

Die Union nimmt ihn trotzdem zur Profilschärfung ihrer Sicherheitspolitik - und setzt offenbar darauf, dass sich die Mehrheiten nach einem Terroranschlag auch in der Politik ändern könnten.

(may-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort