Seedorf Bundeswehr sucht desertierten Elite-Soldaten in der Ost-Ukraine

Seedorf · Ein deutscher Fallschirmjäger ist offenbar in die Ost-Ukraine desertiert. Das Verteidigungsministerium bestätigte den Verdacht, dass sich der 23-jährige Hauptgefreite aus dem niedersächsischen Seedorf vermutlich den prorussischen Separatisten angeschlossen hat und an Kämpfen gegen die ukrainischen Streitkräfte beteiligt ist. Die Staatsanwaltschaft in Stade ermittelt gegen den verschwundenen Soldaten wegen eigenmächtiger Abwesenheit von der Truppe.

Seine in der Waffenkammer eingeschlossenen Dienstwaffen konnte der Mann nicht mitnehmen, aber Teile seiner Gefechtsausrüstung wie Helm und Schutzweste. Die ungewöhnliche "Fahnenflucht an die Front", auf die seine Kameraden aufmerksam machten, wird laut "Süddeutscher Zeitung" mit der Herkunft des jungen Soldaten begründet: Der heutige deutsche Staatsbürger wurde 1991 in der Sowjetunion geboren; dort hat er möglicherweise auch Verwandte. Bei seiner Einstellung dürfte aufgrund des relativ niedrigen Dienstgrades und seiner Tätigkeit außerhalb geheimer Bereiche keine spezielle Sicherheitsüberprüfung notwendig geworden sein.

Die Bundeswehr betont, sie wisse nicht, wo sich der Soldat zurzeit befinde. Eine direkte Fahndung im Kampfgebiet ist unmöglich. Offenbar haben aber Kameraden Kontakt über das Internet aufnehmen können.

Das Wehrstrafgesetz gilt auch nach dem Ende der Wehrpflicht und soll die Disziplin in den Streitkräften aufrechterhalten. Der Paragraf 15 befasst sich mit eigenmächtiger Abwesenheit, was mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe gibt es für Fahnenflucht, das Verlassen der Truppe auf Dauer.

In der Bundeswehr, die ihre Luftlandeverbände zurzeit neu gliedert und reduziert, gibt es noch rund 4000 Fallschirmjäger, die als militärische Elite für besonders gefährliche Einsätze ausgebildet sind. Unter anderem bilden sie zurzeit kurdische Kämpfer in Erbil an Bundeswehrwaffen aus und stehen für die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Gefahrenlagen im Ausland in ständiger Alarmbereitschaft.

Ausgerechnet das Seedorfer Bataillon des mutmaßlichen Deserteurs ist für einen möglichen neuen Auslandseinsatz der Bundeswehr vorgesehen: die Überwachung des Waffenstillstands in der Ost-Ukraine mit Aufklärungsdrohnen.

(RP)
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