Düsseldorf Castor-Transporte durch NRW

Düsseldorf · Ab 2012 sollen 152 Behälter mit Atommüll ins Zwischenlager Ahaus rollen. Das beschloss der Aufsichtsrat des Forschungszentrums Jülich. Ein Antrag der Landesregierung, die Transporte zu stoppen, wurde abgelehnt.

Der Aufsichtsrat des Forschungszentrums Jülich hat in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, die Brennelemente aus dem Forschungsreaktor des Zentrums ins Atomzwischenlager Ahaus zu transportieren. Der Beschluss wurde mit den Stimmen der Vertreter des Bundes gefasst, dem 90 Prozent der Anteile am Forschungszentrum gehören. Die Brennelemente sollen bis zum 30. Juni 2013 in Ahaus eingelagert werden.

Die Landesregierung hatte als einer der beiden Gesellschafter beantragt, dass die Brennelemente so lange in Jülich bleiben sollen, bis die Bundesregierung ein atomares Endlager gefunden hat. Zu diesem Zweck sollte das bestehende Lager, dessen Betriebsgenehmigung im Sommer 2013 abläuft, "ertüchtigt" werden. Bis zur Fertigstellung der Modernisierung könne das Lager in Jülich geduldet werden, heißt es in dem Antrag, der unserer Zeitung vorliegt.

Mit der Entscheidung des Aufsichtsrats soll es nun ab 2012 zu Castor-Transporten zwischen Jülich und Ahaus kommen. Der Atommüll soll auf Spezialfahrzeugen über Landstraßen transportiert werden. Die Distanz zwischen den Standorten beträgt rund 180 Kilometer. Nach Angaben der Landesregierung sind 152 Transporte erforderlich. "Die Verlagerung der Castoren nach Ahaus würde massive Polizeieinsätze erfordern und Kosten für das Land verursachen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der zuständigen Regierungsmitglieder Svenja Schulze (SPD, Forschung), Johannes Remmel (Grüne, Umwelt) und Harry Voigtsberger (SPD, Wirtschaft). "Nordrhein-Westfalen braucht eine Lösung, die die Castoren nicht auf eine hochbrisante und teure Irrfahrt schickt", heißt es in der Verlautbarung. Die Menschen entlang der Strecke würden die Entscheidung nicht akzeptieren. Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der zugleich der Landesvorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU ist, trage "nun die Verantwortung für riskante und umstrittene Transporte". Die Genehmigung für Ahaus endet 2036.

Die Brennelemente in Jülich wurden von 1967 bis 1988 in einem Versuchsreaktor eingesetzt, mit dem die sogenannte Hochtemperaturtechnologie erprobt werden sollte. Aus der Zeit lagern im Forschungszentrum 288 161 tennisballgroße Graphitkugeln, die Brennstoff wie Uran und Thorium und zum Teil auch Spaltprodukte wie Plutonium enthalten. Hinzu kommen 124 brennstofffreie Elemente. Der Vorteil der Technik: Eine Kernschmelze wie in Fukushima oder Tschernobyl war ausgeschlossen. Am 13. Mai 1978 kam es aber zu einem Störfall, bei dem Wasser in den Reaktorkern eindrang. Fast ein Jahr lang musste der Reaktor "getrocknet" werden; Erdreich und Grundwasser wurden kontaminiert.

Bundesumweltminister Röttgen erklärte, bei der Lagerung des Atommülls in Jülich dürfe es "keinen genehmigungsfreien Zustand geben". Das habe die Landesatomaufsicht zu gewährleisten.

Atomkraftgegner wollen nun bundesweit gegen den Transport der Brennelementekugeln mobilisieren. Sie kündigten Proteste gegen den Transport der "West-Castoren" ab. "Das ist ein schwarzer Tag für NRW", sagte Matthias Eickhoff von der Initiative "Sofortiger Atomausstieg" in Münster. Das Verhalten von Röttgen sei "empörend". Der gefährliche Transport müsse abgesagt werden.

Oliver Krischer, Bundestagsabgeordneter der Grünen aus NRW, sagte, der Bundesregierung ginge es darum, das "Atom-Image" des Forschungszentrums Jülich "aufzuhübschen". Das Forschungszentrum selbst hatte stets damit argumentiert, ein Transport der Brennstäbe nach Ahaus sei wirtschaftlicher als der Ausbau des bestehenden Lagers in Jülich. Die Kosten für die Ertüchtigung der Anlage in Jülich auf den aktuellen Stand der Technik werden von Experten mit mindestens 40 Millionen Euro veranschlagt. Der Betrieb einer modernisierten Anlage würde in den nächsten 30 Jahren rund 180 Millionen Euro kosten.

(RP)
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