Koalitionsvertrag CSU fordert Nein zum Türkei-Beitritt

Berlin · Kurz vor ihrem Parteitag verschärft die CSU ihre Position und will eine EU-Beitrittsperspektive für die Türkei im Koalitionsvertrag verhindern. Beim Thema Maut kommt ihr Merkel deutlich entgegen.

Die CSU lehnt im Koalitionsvertrag jede Aussage über eine konkrete Perspektive für einen EU-Beitritt der Türkei ab. "Die Türkei ist von theoretischer Beitrittsreife weit entfernt und wird es wohl auch bleiben", sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende Christian Schmidt. Deshalb lehne die CSU eine Vollmitgliedschaft der Türkei ab. "Wir müssen aufhören, ungleiche Rahmenbedingungen zwanghaft anzugleichen", betonte der Verteidigungs-Staatssekretär.

Unterschiede ließen sich "nicht einfach glattbügeln". Es gelte, diese zu verringern — und zwar nicht durch die Einladung zur Vollmitgliedschaft, sondern durch "faire, gegebenenfalls kritische freundschaftliche Zusammenarbeit", erläuterte Schmidt. Allerdings sieht der CSU-Politiker aktuell wenig Aussichten: "Jenseits durchaus sektoraler Zusammenarbeit entfernt sich die Türkei gegenwärtig von den europäischen Werten."

Privilegierte Partnerschaft

Für die CSU gehe es allenfalls darum, an einer privilegierten Partnerschaft zu arbeiten. Zwar könne man der Bitte der Türkei entsprechen und die Nato-Präsenz zur Abgrenzung gegen den Krisenherd Syrien vor Ort lassen. "Wir erwarten allerdings auch, dass die Türkei mehr als in der jüngeren Vergangenheit eine konstruktive Rolle im Nahostkonflikt spielt."

Wenige Tage vor ihrem Parteitag zeigte die CSU grundsätzlich Grenzen für Zugeständnisse an die SPD auf. "Wir sind bereit zu Kompromissen, aber wir sind nicht bereit, unseren Markenkern zu opfern", sagte Parteichef Horst Seehofer in München. In einem Koalitionsvertrag mit der SPD müsse das Profil von CDU und CSU deutlich erkennbar sein.

Bei der Pkw-Maut ging CDU-Chefin Angela Merkel derweil auf die CSU zu. Die Parteispitzen hätten sich im Grundsatz auf eine Maut geeinigt, erklärte sie bei einer Fraktionssitzung. Sie nannte für die Einführung einer Pkw-Vignette allerdings drei Bedingungen: Sie dürfe nicht europarechtswidrig sein, sie müsse unter dem Strich Mehreinnahmen einbringen, und kein deutscher Autofahrer dürfe zusätzlich belastet werden. In den Koalitionsvertrag werde für eine solche Pkw-Vignette ein Prüfauftrag aufgenommen, sagte Merkel. "Ich bin guten Mutes, dass wir uns mit der CSU verständigen werden", sagte auch Generalsekretär Hermann Gröhe nach einer CDU-Vorstandssitzung.

Merkel: Keine Maut

Im Wahlkampf hatte die Kanzlerin noch erklärt, mit ihr werde es keine Pkw-Maut geben. Das hatte ihr Sprecher Steffen Seibert so interpretiert, dass die Kanzlerin nur eine zusätzliche Belastung für inländische Autofahrer stets abgelehnt habe.

Das Zugeständnis von Merkel zusammen mit der von ihr genannten Bedingung könnte am Ende zwar die Maut in den Koalitionsvertrag bringen, tatsächlich aber ihr faktisches Aus bedeuten. "Eine Pkw-Maut, die keinen einzigen deutschen Autofahrer belasten würde, lässt sich praktisch nicht EU-konform umsetzen. Von daher sehe ich nicht, dass die Maut kommt", sagte ein Mitglied der Verkehrs-Arbeitsgruppe von Union und SPD.

(mar, may-)
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