Persönlich Christian Wulff ... bekommt Preis für Toleranz

Ehrungen werden Christian Wulff (CDU) in letzter Zeit nicht gerade häufig zuteil. Aber jetzt hat die Evangelische Akademie Tutzing beschlossen, ihren diesjährigen Toleranz-Preis dem früheren Bundespräsidenten zu verleihen. Mit dem Satz in seiner Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit im Jahre 2010, wonach der Islam inzwischen auch zu Deutschland gehöre, habe das damalige Staatsoberhaupt "einen wichtigen Beitrag zur Integration von Muslimen geleistet", sagt Akademiedirektor Udo Hahn. Für Wulff ist das eine hochwillkommene Würdigung, hatte eine Umfrage vor wenigen Tagen doch ergeben, dass 52 Prozent der Deutschen seine Ansicht, die seinerzeit für einigen Wirbel gesorgt hatte, noch immer nicht teilen.

Immerhin: Man spricht noch von ihm und von seinem Statement, auch wenn es vermutlich die einzige politische Aussage ist, die aus seiner historisch kurzen Amtszeit bleibt. Für Christian Wulff ist dieser Satz in mehrfacher Hinsicht von großer Bedeutung: Von der kurzen Sentenz leitet der Christdemokrat nicht zuletzt ein Bild von sich ab, das hilft, vor dem zu bestehen, was ihm widerfahren ist: Ein "politischer Präsident" sei er gewesen, "unbequem", einer, den einige im Land womöglich loswerden wollten.

Der Satz, dass der Islam inzwischen auch zu Deutschland gehöre, ist Wulff heute sogar Grund genug, sein kürzlich erschienenes Buch "Ganz oben, ganz unten" ins Türkische übersetzen zu lassen. Und vermutlich ist dieser Satz auch das einzige Ticket, das dem 55-Jährigen ermöglichen könnte, irgendwann auf das politische Parkett zurückkehren zu können: als Elder Statesman und Mittler zwischen Christen und Muslimen. Der Toleranz-Preis der Evangelischen Akademie Tutzing ist nicht mit Geld verbunden. Aber darauf ist ein Bundespräsident a. D. nicht angewiesen. Was Wulff dringend braucht, ist ein Thema. Das macht den Preis für ihn so wertvoll.

Martin Bewerunge

(RP)
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