Persönlich Christopher Lauer . . . wird als Ex-Pirat Sozialdemokrat

Joschka Fischer wäre so etwas nicht passiert. Von den Piraten zum Springer-Verlag zur SPD wechseln: Ein viel akrobatischerer Wendehals kann der Mensch schließlich kaum sein. Ist dies also ein legitimer Weg? Jedenfalls ist es der Weg des Christopher Lauer. Des Mannes, den der Berliner "Tagesspiegel" einst zum "Joschka Fischer der Piraten" erhoben hat. Und der gestern, auf der für ihn typischen Plattform Twitter, ein Foto seines digitalen Mitgliedsantrags an die SPD veröffentlichte. "Geht am Sonntag wählen. Wo ich mein Kreuz machen werde, ist ja jetzt klar", fügte er an. Lauer, der Ex-Pirat, der Berliner Abgeordnete, der Ex-Springer-Mitarbeiter, der Ex- und Neu-Hoffnungsträger mit abgebrochenem Kultur- und Technikstudium, ist bald Sozialdemokrat.

2011 war der 32-jährige gebürtige Hunsrücker zur Blütezeit der digitalen Hoffnungspartei mit fulminanten 8,9 Prozent in das Abgeordnetenhaus eingezogen. Im September 2014 trat er aus der Partei aus, blieb der Fraktion aber als Vorsitzender treu. Er fiel im Parlament vor allem durch seine geradlinigen Wortbeiträge auf, etwa als er den Innensenator und jetzigen CDU-Spitzenkandidaten Frank Henkel nach seinem Beruf fragte. Neben seinem schillernden und wohl bewusst inszenierten und kalkulierten Auftreten hat Lauer aber auch tatsächliche Erfolge zu verbuchen. So verhinderte er etwa die Videoüberwachung am Alexanderplatz.

Nach seinem Engagement beim Springer-Verlag sucht Lauer, der bei der morgigen Wahl nicht mehr antritt, nach einer neuen Aufgabe. Im Gespräch ist er als digitaler Berater im Willy-Brandt-Haus. Lauer dürfte sich zu Höherem berufen fühlen. Er sprach sich für das in Berlin wahrscheinliche rot-rot-grüne Bündnis aus. Dort könnte sich auch ein hübsches Plätzchen für Lauer finden. Er, der sich um die politische Agonie seiner Generation sorgt, hofft jedenfalls, dass die Piraten es nicht mehr ins Abgeordnetenhaus schaffen.

Henning Rasche

(RP)
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