Scheidende Parteichefin der Grünen Claudia Roth wird Bundestagsvize
Die scheidende Parteichefin der Grünen, Claudia Roth, hat sich in dem bizarren Streit um den Posten der Bundestags-Vizepräsidentin gegen die frühere Fraktionschefin Renate Künast durchgesetzt. Nach einem Streit innerhalb des Realo-Flügels beschloss Künast, für das Amt nicht anzutreten. Ihr waren für den Fall einer Kampfabstimmung schlechtere Chancen eingeräumt worden, da auch der Realo-Flügel nicht hinter ihr stand.
Für Roth, die mit einer Unterbrechung insgesamt zehn Jahre lang die Grünen führte, ist der herausgehobene Posten in der Fraktion ein versöhnlicher Abschied aus der ersten Reihe der Partei.
Sie galt als die Seele der Grünen. Mit ihren bunten Outfits und ihrer stets emotionalen Tonlage fand sie landauf, landab Spötter und Anhänger. Nach Joschka Fischer war sie die Einzige, die einen Grünen-Parteitag mit ihren Reden vollständig mitreißen konnte.
Die 58-jährige Roth, die als Dramaturgin und Managerin der Band Ton, Steine, Scherben arbeitete, bevor sie in die Politik ging, spürte gleich nach der Bundestagswahl, dass ihre Zeit gekommen ist. Keine 24 Stunden nach Bekanntwerden des niederschmetternden Wahlergebnisses für die Grünen erklärte sie ihren Rückzug von der Parteispitze und setzte damit auch andere Führungsgrüne ihrer Generation unter Druck, ebenfalls persönlich Verantwortung für das Wahlergebnis zu übernehmen.
Die leutselige Roth ist auch Strategin. Mit ihrer Rückzugsankündigung forderte sie zugleich den Vizepräsidenten-Posten im Parlament. In Partei und Fraktion stieß die Forderung auf Wohlwollen. Mit ihrem steten Eintreten für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit sei Roth eine gute Wahl für den Posten, befanden viele. Ein wenig Beigeschmack bleibt: Durch den Rückzug von Künast konnte eine Beschädigung des Amtes knapp verhindert werden. Der Posten der Vize-Präsidentin bringt die anderthalbfache Abgeordneten-Diät und großzügigere Büroräume.
