Analyse CSU plant für die Zeit nach Seehofer

Wildbad Kreuth · Dreieinhalb Jahre vor der nächsten bayerischen Landtagswahl kündigt Partei- und Regierungschef Horst Seehofer an, die Segel zu streichen, und macht damit den Weg frei für den Kampf um seine Nachfolge. Am Ende könnten beide Kronprinzen zum Zuge kommen.

Gerne beschreibt sich CSU-Chef Horst Seehofer als "schnurrendes Kätzchen", dem ein kuscheliges Koalitionsklima am Herzen liege - wohl wissend, dass ihm seine Stellung als Ministerpräsident und Berliner Koalitionsparteichef die Möglichkeit gibt, jederzeit zum brüllenden Löwen zu werden. Besondere Neigung, eine weitere Anlehnung im Tierreich zu suchen, wurde ihm bislang nicht nachgesagt, doch seit dem Auftakt der Kreuther CSU-Klausur liebäugelt er auch mit einer lahmen Ente.

Zwar bleibe es bei seiner Absicht, beim Wahlparteitag im Spätherbst erneut für zwei Jahre für den CSU-Vorsitz zu kandidieren. Und er wolle auch 2017 zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel noch einen grandiosen Wahlsieg im Bund einfahren. Doch ein Jahr später soll die Partei von einem anderen oder einer anderen in den bayerischen Landtagswahlkampf geführt werden. Und damit begibt sich Seehofer in die Rolle von US-Präsidenten, die nicht mehr wiedergewählt werden können und deshalb in ihrer zweiten Amtszeit als "lame duck" ("lahme Ente") beschrieben werden.

Auch in Bayern streicht Seehofer nun demnächst die Segel. Noch im letzten Herbst hatte er seine frühere Absicht, 2018 nicht wieder anzutreten, relativiert und öffentlich mit der Möglichkeit gespielt, doch noch mal weiterzumachen. Zuvor hatte er seinem Finanzminister Markus Söder (48), der am heftigsten um die Kronprinzenwürde ringt, "Schmutzeleien" vorgeworfen. Vor einem Jahr im Umfeld von Kreuth hatte er auch Kronprinzessin Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (50) bei dem Versuch eingefangen, sich mit neuen Energiewende-Ideen zu profilieren. Auf der Liste möglicher Kandidaten stehen auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (58), Staatskanzleichef Marcel Huber (56), der EVP-Vorsitzende im Europaparlament, Manfred Huber (42), und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (44). Ihn hatte Seehofer wiederholt wegen des erfolgreichen Wahlkampfs als damaliger Generalsekretär gelobt.

Beim Eintreffen vor der Bildungsstätte der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung in Wildbad Kreuth trat Seehofer mit Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, Generalsekretär Andreas Scheuer und auch Dobrindt an seiner Seite vor die Presse. Ein Fingerzeig, den Maut-Minister nicht zu früh vom Kandidaten-Karussell auszuschließen?

Er trenne jedenfalls nicht zwischen den beiden Funktionen, gab Seehofer zu Protokoll, womit er zwei Varianten auf den Tisch legte: den Parteivorsitz 2017 in andere Hände zu legen und 2018 auch das Amt des Ministerpräsidenten - oder sich 2017 vorzeitig auch als Regierungschef zurückzuziehen und seinen Nachfolger mit Amtsbonus in die Wahl zu schicken. Seehofers Naturell widerspräche ein vorzeitiger Machtverzicht. Deshalb halten CSU-Führungskreise auch eine Ämterteilung für möglich. Konkret: Söder wird neuer CSU-Chef und unterstreicht die bundespolitischen Ambitionen, indem er in Merkels Kabinett eintritt. Und Aigner macht 2018 einen Landesmutter-Wahlkampf und bringt für die CSU die hohen Sympathiewerte ein, die sie jetzt schon genießt. Herrmann wird in der Landtagsfraktion jedoch auch großer Rückhalt bestätigt.

Derweil gibt sich Seehofer bescheiden. Auf die Frage, ob es nicht ungerecht sei, Merkel allein weiterregieren zu lassen, meinte der CSU-Chef schmunzelnd: "Sie käme auch heute schon ohne mich zurecht."

(may-)
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