Washington Das neue Leben der Obamas

Washington · Was machen Barack und Michelle Obama jetzt eigentlich? Sie sind umgezogen - in ein Haus mit acht Schlafzimmern. Sie gehen joggen, machen ausgiebig Urlaub. Und wenn sie sich in der Öffentlichkeit zeigen, klatschen die Menschen Beifall.

David O'Sullivan, der EU-Botschafter in Washington, blickt neuerdings auf ein Pförtnerhäuschen. Der Secret Service ist rund um die Uhr präsent, der Straßenabschnitt vor seinem Haus für Autos gesperrt. Nicht, dass die Europäische Union auf einmal besonderen Schutzes durch Leibwächter bedürfte. Schuld sind die Obamas, die nebenan in eine Villa mit acht Schlafzimmern gezogen sind.

Auf der anderen Seite der Botschafterresidenz, keine 100 Meter entfernt, wohnen seit ein paar Wochen Ivanka Trump und Jared Kushner, die Tochter des US-Präsidenten und dessen Schwiegersohn, deren Vermieter übrigens ein Milliardär aus Chile ist. O'Sullivan muss sich fühlen, als sitze er plötzlich auf dem Präsentierteller in Kalorama, einem Viertel überm schluchtenartigen Tal des Washingtoner Rock-Creek-Parks, das zwar immer schon nobel war, aber immer auch ziemlich verschlafen. Und nun eine Wunschadresse der Prominenz ist.

Rex Tillerson, vom Ölkonzern Exxon Mobil an die Spitze des Außenministeriums gewechselt, hat ein Haus in Kalorama gekauft, Jeff Bezos von Amazon gleich ein Museum, das frühere Textilmuseum. Aber ganz klar, die Stars sind die Obamas. Als Michelle neulich beim Joggen im Park gesehen wurde, war es der "Washington Post" gleich einen Eintrag in der täglichen Klatschspalte wert. Dass sie bei Soul Cycle trainiert, einer Fitnesskette, deren betuchte Kunden zu schmissiger Musik 45 Minuten lang auf Fahrrädern strampeln, ist Stadtgespräch. Und dass ein Ex-Präsident mit seiner Familie in Washington bleibt, die große Ausnahme. Normalerweise treten Ex-Präsidenten so schnell es geht die Flucht aus der Kapitale an. Nicht Barack Obama, der bleibt zumindest solange, bis seine jüngere Tochter Sasha, 15, hier die Schule beendet hat.

Bevor sie sich in Kalorama niederließen, haben die Obamas so ausgiebig Urlaub gemacht, wie es die First Lady in einem Interview angekündigt hatte. Nur ein US-Präsident könne wissen, wie es sich anfühle, morgens die Zeitung aufzuschlagen und zu wissen, dass praktisch jede Schlagzeile irgendwie in den eigenen Verantwortungsbereich falle. Also Ferien. Es begann mit einem Abstecher in die Wüstenoase Palm Springs, später sah man die beiden in Flip-Flops auf Moskito Island, einer der Britischen Jungferninseln in der Karibik.

Der 44. Präsident der Vereinigten Staaten scheint von Tag zu Tag populärer zu werden, "Mister Cool", locker, lässig und optimistisch. Sobald er die stillen Straßen Kaloramas verlässt, wird er begeistert gefeiert. Jedenfalls im liberalen Amerika, im Amerika der Kunsthallen, der Starbucks-Filialen, der Häuserschluchten New Yorks. Spontaner Applaus, als Barack Obama, mit Jeans und Lederjacke, aus der Nationalgalerie im Zentrum Washingtons kam. Spontaner Applaus, als Barack und Michelle mit dem Sänger Bono beim Mittagessen in einem Restaurant an der Park Avenue in Manhattan saßen.

Was als Nächstes folgt, darüber rätseln nicht nur die Fans mit der sehr amerikanischen Frage nach dem "Role Model": Welchem Rollenmodell der postpräsidentielle Barack Obama wohl folgen wird. Nimmt er sich ein Beispiel an Jimmy Carter, der als Ex-Präsident zu großer Form auflief? Oder hält er es eher mit George W. Bush, der zu malen anfing, sich selber unter der Dusche, Wladimir Putin, Angela Merkel, den Dalai Lama und später Soldatengesichter? Barack Obama sehne sich nicht nach dem Rampenlicht, sagt dessen Vertraute Valerie Jarrett. Sicher vermisse er es, nicht mehr an vorderster Front zu stehen. "Aber er wird sich keinen nostalgischen Gefühlen hingeben, nach dem Motto: Ich wünschte, es wäre nicht schon vorbei."

Bleibt die Frage, wann die Memoiren erscheinen. Der Verlag Penguin Random House soll beiden Obamas - für jeweils ein Buch - 65 Millionen Dollar gezahlt haben, eine Rekordsumme. Nur eine Chronik schreibe er nicht, er wolle nicht langweilen, lieber erzähle er seine Vision für Amerika, betonte "Mister Cool" vor Wochen in einem Radiointerview. Wann er damit fertig ist, behält er natürlich für sich.

(RP)
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