Pkw-Maut Datenschützer warnen vor "gigantischer Überwachungsstruktur"

Berlin · Das Gesetz zur Pkw-Maut steht – und ruft Kritiker auf den Plan. Denn zur Kontrolle werden künftig auf deutschen Autobahnen alle Auto-Kennzeichen gescannt. Datenschützer sehen dies kritisch. Die Maut soll zusätzlich 500 Millionen Euro einbringen. Auch das bezweifeln Experten. Die SPD sieht weiteren Klärungsbedarf.

Das bedeutet die Pkw-Maut für Autofahrer
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Das Gesetz zur Pkw-Maut steht — und ruft Kritiker auf den Plan. Denn zur Kontrolle werden künftig auf deutschen Autobahnen alle Auto-Kennzeichen gescannt. Datenschützer sehen dies kritisch. Die Maut soll zusätzlich 500 Millionen Euro einbringen. Auch das bezweifeln Experten. Die SPD sieht weiteren Klärungsbedarf.

Als "fair, sinnvoll und gerecht" hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sein vorgelegtes Pkw-Maut-Gesetz bezeichnet. Fahrer im Ausland zugelassener Wagen sollen für die Benutzung deutscher Autobahnen im Schnitt 74 Euro jährlich zahlen und damit 500 Millionen zusätzlich für die deutsche Infrastruktur einbringen. Viele Kritiker bezweifeln, dass dieser Betrag zustande kommt - und sie sorgen sich um den Datenschutz. Denn zur Kontrolle sollen die Kennzeichen aller Wagen auf den Autobahnen erfasst werden.

"Wir warnen den Bundesverkehrsminister davor, den Datenschutz aufzubohren", sagte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir unserer Zeitung. Allen Rufen der Sicherheitsbehörden nach Zugriff auf die Daten müsse er eine klare Absage erteilen. Sonst bestehe die Gefahr, dass umfassende Bewegungsprofile erstellt werden. "Einen gläsernen Pkw-Fahrer darf es nicht geben", forderte Özdemir. In der Vergangenheit hatte die Polizei wiederholt versucht, auf die bei der Lkw-Maut gesammelten Daten zurückzugreifen.

"Gigantische Überwachungsstruktur"

Die nach Hubraum und Umweltfreundlichkeit der Auto-Modelle gestaffelte neue Jahresvignette gibt es nur digital, indem das Kraftfahrtbundesamt registriert, für welches Kennzeichen die Maut bezahlt wurde. Auch alle Inländer müssen sie erwerben. Für sie wird sie mit Vergünstigungen bei der Kfz-Steuer eins zu eins verrechnet. Dafür sind sie aber auch für die Benutzung aller anderen Bundesstraßen mautpflichtig. Ausländer können die Maut umgehen, wenn sie nur Bundes- und Landesstraßen nutzen.

Dobrindt versicherte, dass die Kontrolldaten mit den Kennzeichen aller nicht beanstandeten Wagen wieder gelöscht würden. Piratenpartei-Chef Stefan Körner monierte, dass für ein paar Euro mehr eine "gigantische Überwachungsstruktur" aufgebaut werde. Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar verwies darauf, dass "die Erfassung von Daten im Zusammenhang mit einem derart umfassenden Mautsystem grundrechtsrelevant" sei. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Andrea Voßhoff, kündigte im Gespräch mit unserer Zeitung an, sie werde "mindestens die hohen datenschutzrechtlichen Standards der Lkw-Maut einfordern". Das betreffe insbesondere die strenge Zweckbindung und die Pflicht zur unverzüglichen Löschung, sofern kein Verstoß gegen die Mautpflicht festgestellt werde.

Für Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter bleibt die Maut "ausländerfeindliche Symbolpolitik". Dobrindt werde mit den Einnahmen kein einziges Loch im Verkehrsetat stopfen. "Der Verkehrsminister verzettelt sich in einem Nullsummen-Spiel". Auch verkehrspolitisch sei die Maut unsinnig, weil sie den Fernverkehr von der Autobahn auf Bundes- und Landesstraßen lenke. Stattdessen müsse die Lkw-Maut auf alle Straßen ausgeweitet werden, weil das 3,5 Milliarden Euro zusätzlich bringen würde.

Von Dobrindts Maut wird nach Einschätzung des ADAC-Experten Jürgen Albrecht "netto nichts übrig bleiben", weil die Kosten für Erfassung und Verwaltung so groß seien - trotz der vermutlich kostengünstigeren Variante des Kennzeichen-Scans im Vergleich zu einer Papiervignette. Auch für Dobrindts Koalitionspartner SPD gibt es daher weiterhin offene Fragen. "Wir werden genau hinschauen, ob die Pkw-Maut mehr Geld für Verkehrsinvestitionen bringt", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol.

(RP)
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