Berlin De Maizière wusste von Personalmangel der Kölner Polizei

Berlin · Entgegen seinen Aussagen nach der Silvesternacht war Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) über den Personalmangel der Kölner Polizei frühzeitig informiert. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) berichtet, dass dem Minister am 5. Januar ein Einsatzerfahrungsbericht der Bundespolizei vorgelegen habe, der schwere Mängel in der Personalausstattung beklagte. Dennoch ließ de Maizière weiterhin dementieren, dass die Bundespolizei in Köln unterbesetzt gewesen sei. Der CDU-Politiker hatte Anfang Januar im Fernsehen die Arbeit der Kölner Sicherheitskräfte mit den Worten kritisiert: "So kann Polizei nicht arbeiten." Der Personalansatz sei "lageangepasst und lageangemessen", hatte das Bundesinnenministerium (BMI) damals mitgeteilt.

Ein Bundespolizist hatte in seinem Bericht über die Kölner Ereignisse dagegen einen viel zu geringen Kräfteansatz kritisiert. Es sei nicht möglich gewesen, Straftaten zu verhindern oder Straftäter zu verfolgen. Der Bericht hatte auf dem Dienstweg die Spitze der Bundespolizei erreicht und war außerdem bereits mit den zuständigen Beamten ausgewertet worden.

Wie die FAS berichtet, hatte nach Auskunft des Innenministeriums "das Fachreferat die Hausleitung des BMI am 5. Januar 2016 über die Ereignisse in Köln informiert. Grundlage waren die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Informationen der Bundespolizei". Dazu zählte seit dem 4. Januar auch der Einsatzerfahrungsbericht des Leiters einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit.

Die SPD fordert derweil eine deutlich stärkere Aufstockung der Bundespolizei. "Wir brauchen Einstellungen bei der Bundespolizei über die vorgesehenen 3000 Beamten hinaus", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, der Nachrichtenagentur Reuters. Schon mit den derzeitigen Grenzkontrollen befinde sich die Behörde an der Belastungsgrenze, wie die angehäuften zwei Millionen Überstunden zeigten. Zudem gebe es neben der Flüchtlingskrise noch andere wichtige Aufgabenfelder für die Bundespolizei, die nicht liegenbleiben dürften. Lischka verwies auf den Schutz von Flughäfen und Bahnhöfen im Zuge der terroristischen Bedrohung. Auch aufgrund der wachsenden Zahl von Kundgebungen und Demonstrationen sowie der steigenden Alltagskriminalität sei die Bundespolizei stark gefordert. "Schon jetzt zeigen sich Sicherheitslücken, die so groß sind wie ein Fußballfeld", warnte der SPD-Innenpolitiker. Ein Beispiel dafür sei die Unterbesetzung der Polizei in der Silvesternacht in Köln.

Ein Sprecher des Innenministeriums verwies auf die von der Regierung beschlossene Personalaufstockung der Bundespolizei: Die Behörde soll in den kommenden drei Jahren 3000 neue Stellen erhalten, davon je 1000 in den Jahren 2016, 2017 und 2018.

(RP)
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