Kolumne Mit Verlaub! Der Staat als Schutz und Schirm

Die rührige Mainzer CDU-Chefin Julia Klöckner ruft eine "Woche der inneren Sicherheit" aus - Wahlkampfzeit. Was wir brauchen, sind 52 Wochen der inneren Sicherheit pro Jahr.

Hauptaufgabe des Staates ist es, die äußere und innere Sicherheit zu garantieren. Der Staat muss seinen Bürgern, wie es vor zwei Jahrzehnten einmal Wolfgang Schäuble so grundsätzlich wie eindringlich formuliert hat, Schutz und Schirm bieten.

Zur äußeren Sicherheit: Auch wenn Margot Käßmann und ihr Bruder im pazifistischen Geist, Konstantin Wecker, in ihrer neuen Schrift "Entrüstet euch" den Pazifismus proklamieren und aus ehrbarer Gesinnung eine Welt ohne Waffen herbeisehnen, hält es eine realistische Mehrheit mit der alten Weisheit "Wenn das Haus wackelt, kann man keine Bilder aufhängen". Das heißt: Noch so gut gemeinte innenpolitische Taten - wir haben uns angewöhnt, darunter vor allem soziale Wohltaten zu verstehen - gehen ins Leere, wenn das Wohlfühlhaus von außen bedroht, gar unter Beschuss genommen wird. Deshalb brauchen wir verteidigungstaugliche Streitkräfte und das Verteidigungsbündnis Nato. Wie schnell nach gut zwei Jahrzehnten sicherheitspolitischen Sonnenscheins dunkle Wolkenfronten aus dem Osten aufziehen und wie sehr lange nicht für möglich gehaltener Landraub (Moskau: Her mit der Krim, sonst knallt's) Europa aufschreckt, ist eine frische Erfahrung. Der Nato-Slogan stimmt mehr denn je: Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit.

Zur inneren Sicherheit: Der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (erst Grüner, danach Sozialdemokrat) zitierte gerne Wilhelm von Humboldts Satz, wonach es ohne Sicherheit keine Freiheit gebe, weil wir Menschen ohne Sicherheit weder unsere Kräfte ausbilden noch die Früchte derselben genießen könnten.

Da sind wir schnell bei den in fast allen Bundesländern steigenden Zahlen der jährlichen Wohnungseinbrüche: 152 000 Fälle im Jahr 2014, so viele wie zuletzt vor 16 Jahren. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder etwa fordert ein grundsätzliches Strafmaß von bis zu zehn Jahren Haft für Einbrecher. Außerdem solle die moderne Pestilenz Einbruchdiebstahl, eben weil sie immer öfters bandenmäßig auftritt, in den Katalog jener Delikte aufgenommen werden, zu deren Verfolgung die Telekommunikation überwacht werden kann. So ist's recht. Einen Staat, der seinen Namen verdient, darf es auch nicht ruhen lassen, dass die Aufklärungsquote bei Einbruchsstraftaten sinkt. Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner sorgt sich seit Monaten öffentlich um die innere Sicherheit. Jetzt hat die junge Nachwuchshoffnung der Union eine "Woche der inneren Sicherheit" ausgerufen. Man merkt: Es ist Vorwahlkampf in Mainz. Es müsste im Jahr 52 Wochen der inneren Sicherheit geben.

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(RP)
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